Greenwashing: Was für Unternehmen wichtig ist

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Nachhaltig, klimaneutral, regional, grünes Produkt – längst ist Nachhaltigkeit ein wichtiger Faktor im Marketing geworden. Unternehmen werben mit Begriffen wie diesen und Nachhaltigkeitssiegeln um Konsumenten und Investoren. Doch nur selten sind Begriffe geschützt und Siegel bleiben häufig ohne Aussage. Nach einer Studie der EU-Kommission aus dem Jahr 2020 sind mehr als die Hälfte der geprüften Umweltangaben in der EU vage, irreführend oder unbegründet. Das Ergebnis: Greenwashing - Produkte und Unternehmen, die nachhaltiger nach außen wirken, als sie tatsächlich sind. Während einige Unternehmen Greenwashing gezielt betreiben, machen Regulierungen die Lage zunehmend so unübersichtlich, dass auch trotz guter Absichten schnell Fehler passieren können. Was gute Absicht war, wird als ungewolltes Greenwashing enthüllt – mit Konsequenzen für die Unternehmen. Wir informieren Sie darüber, was Greenwashing ist, welche Regulierungen für Unternehmen wichtig sind und wie Sie sich stark gegen Greenwashing positionieren.

Definition: Was ist Greenwashing?

Bisher gibt es keine offizielle einheitliche Definition von Greenwashing. Im Allgemeinen ist damit die bewusste oder unbewusste Verzerrung unterschiedlicher Nachhaltigkeitsaspekte eines Produktes oder Unternehmens gemeint.

Die europäischen Aufsichtsbehörden (ESA) definieren Greenwashing mit Fokus auf die Finanzbranche als:

„Praxis, bei der nachhaltigkeitsbezogene Aussagen, Erklärungen, Maßnahmen oder Mitteilungen das zugrundeliegende Nachhaltigkeitsprofil eines Unternehmens, eines Finanzproduktes oder einer Finanzdienstleistung nicht klar und angemessen widerspiegeln und für Verbraucher, Investoren oder andere Marktteilnehmer daher irreführend sein kann."

Greenwashing betrifft im übergeordneten Kontext nicht nur umweltbezogene Themen, sondern auch Fragen von Menschenrechten und guter Unternehmensführung (ESG).

Greenwashing im Marketing

Besondere Bedeutung kommt dem Greenwashing schon jetzt im Rahmen des Marketings und (freiwilliger) Unternehmenskommunikation zu. Für falsche, irreführende oder unvollständige Angaben bestehen die üblichen wettbewerbsrechtlichen Haftungsrisiken nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Bei der Beurteilung von umweltbezogener Werbung und der Verwendung von Umweltschutzbegriffen werden nach der Rechtsprechung des BGH strenge Maßstäbe angelegt, weil die Verbraucher zum einen besonders schutzwürdig sind und zum anderen viele Begriffe vom angesprochenen Publikum sehr unterschiedlich verstanden werden können. 

In diesem Bereich der freiwilligen Umweltaussagen ist in Zukunft nach der bevorstehenden Umsetzung der Änderungsrichtlinie über unlautere Geschäftspraktiken, der Umsetzung der EU-Verbandsklagerichtlinie und der Verabschiedung der geplanten EU Green Claims-Richtlinie mit verschiedenen deutlichen Verschärfungen des wettbewerbsrechtlichen Instrumentariums zu rechnen. Dies betrifft sowohl die inhaltlichen Vorgaben für umweltbezogene Werbung als auch die prozessualen Möglichkeiten zu deren Durchsetzung.

Aus der Praxis sind beispielsweise die folgenden Fälle von Greenwashing im Marketingbereich bekannt:

  • Verwendung irreführender und nicht geschützter Begriffe (z. B „umweltschonend", „nachhaltig", „aus fairem Handel")
  • Nachhaltige Leuchtturm-Produkte in umweltbelastendem Kerngeschäft (z. B. Eco-Kollektionen im Bereich Fast Fashion)
  • Gebrauch von eigenen Gütesiegeln, die keiner externen Prüfung unterliegen
  • Bewerbung von Selbstverständlichkeiten (z. B. „FCKW-frei")
  • Irreführendes Produktdesign

Greenwashing in Bezug auf Pflichtangaben

Infolge verschiedener gesetzlicher Vorgaben müssen immer mehr Unternehmen sich mit Nachhaltigkeitsaspekten auseinandersetzen, sich zu ESG-Zielen positionieren und hierüber auch verbindlich berichten. Neben der Berichterstattung gemäß § 10 des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) ist hier insbesondere die sogenannte nichtfinanzielle Erklärung gemäß § 289b HGB hervorzuheben. Während bisher nur ca. 500 Unternehmen in Deutschland von der Verpflichtung zur Abgabe dieser nichtfinanziellen Erklärung betroffen sind, ist nach der Umsetzung der im Januar diesen Jahres in Kraft getretenen Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) mit einer erheblichen Erweiterung des Adressatenkreises zu rechnen. Schätzungsweise sollen nach der Umsetzung dieser Richtlinie in deutsches Recht ab dem Jahr 2025 ca. 15 000 Unternehmen betroffen sein. Stufenweise werden ab dem Geschäftsjahr 2024 die inhaltlichen Berichtspflichten erweitert und ab 2025 der Kreis der betroffenen Unternehmen erheblich vergrößert. Neu ist auch, dass die nichtfinanzielle Erklärung verbindlicher Bestandteil des Lageberichts wird und von einem externen Prüfer geprüft werden muss.

Für diese gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtangaben wird das oben geschilderte wettbewerbsrechtliche Instrumentarium voraussichtlich nur dann anwendbar sein, wenn im Rahmen der Berichterstattung über das gesetzlich vorgesehene Maß freiwillige oder relativierende Angaben gemacht werden.

Nichtsdestoweniger bestehen auch hier erhebliche Haftungsrisiken. Zu nennen sind zum einen die Risiken, die sich aus der aufsichtsrechtlichen Kontrolle durch die zuständigen Behörden ergeben. Mit der Einbeziehung der nichtfinanziellen Erklärung in den Lagebericht wird die Umsetzung der gesetzlichen Pflichtangaben zugleich der allgemeinen Kontrolle der externen Rechnungslegung durch die BaFin unterstellt. Bei falschen, unvollständigen oder nicht rechtzeitigen Angaben drohen daher nicht nur empfindliche Geldbußen, sondern auch die öffentliche Bekanntmachung der Pflichtverletzung auf der Homepage der BaFin (sogenanntes „Naming and Shaming"). 

Bei vorsätzlichen oder auch nur leichtfertigen Angaben ins Blaue hinein droht sogar eine strafrechtliche Verfolgung gemäß § 331 Abs. 1 Nr. 1 HGB. Schließlich muss grundsätzlich auch mit einer zivilrechtlichen Haftung auf der Grundlage des Deliktsrechts oder nach den Grundsätzen der Prospekthaftung gerechnet werden, wenn die fehlerhaften Angaben beispielsweise in einen Wertpapierprospekt Eingang gefunden haben und Grundlage für die Investitionsentscheidung von Anlegern geworden sind.

Wie Unternehmen ungewolltes Greenwashing vermeiden

Ungewollten Greenwashing-Vorwürfen können Unternehmen vorbeugen: Dabei helfen eine Bestandaufnahme der eigenen Nachhaltigkeitsaktivitäten und eine transparente, darauf strategisch abgestimmte Nachhaltigkeitskommunikation. Externe fachliche Unterstützung hilft, Klarheit in die teilweise unübersichtliche rechtliche Landschaft zu bringen.

Hierauf können Unternehmenskommunikation und Marketingmaßnahmen angepasst werden. Generell kann es wirksamer sein, das eigene Problembewusstsein zu kommunizieren als einzelne Schritte überzubetonen.

Compliance-Auflagen zum Wettbewerbsvorteil nutzen

Für Unternehmen, die sich transparent und ernsthaft nachhaltig aufstellen, liegt hier ein potenzieller Wettbewerbsvorteil. Denn für Konsumenten wie Investoren wächst Nachhaltigkeit weiterhin zu einem wichtigen wirtschaftlichen Faktor – ein guter Zeitpunkt für Unternehmen, die sich vertrauenswürdig positionieren möchten.

Sprechen Sie uns bei Fragen zu diesem oder anderen Themen gerne an.

Gemeinsam verfasst mit Tatjana Merk.

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