Der neue EU-Green Bond Standard zur Bekämpfung von Greenwashing an den Anleihemärkten

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Nach langen Verhandlungen wurde am 30. November 2023 die „Verordnung über eu­ropäische grüne An­lei­hen so­wie fa­kul­ta­tive Of­fen­le­gun­gen zu als öko­lo­gi­sch nach­hal­tig ver­mark­te­ten An­lei­hen und zu an Nach­hal­tig­keits­ziele geknüpften An­lei­hen“ (Verordnung EU 2023/2631) im EU-Amts­blatt veröff­ent­licht. Die Verordnung legt insbesondere Standards für Emittenten fest, die ihre Anleihen unter der Bezeichnung „European Green Bond“ vermarkten wollen.

Gegenüber bislang bestehenden internationalen Marktstandards für nachhaltige Anleihen, wie etwa die Green Bond Principles des internationalen Branchenverbands für Kapitalmarktteilnehmer (ICMA) oder die des Climate Bonds Standard der Climate Bonds Initiative, weist die Verordnung deutlich strengere Vorgaben auf.

Verwendung der Emissionserlöse für ökologisch nachhaltige Zwecke

Sofern eine Anleihe als EU-Green Bond (EUGB) qualifiziert werden soll, muss der durch die neue Verordnung definierte EU-Green Bond Standard (EUGBS) eingehalten werden. Insbesondere müssen die Emissionserlöse der Anleihe in wirtschaftliche Tätigkeiten investiert werden, die als ökologisch nachhaltige Zwecke im Sinne der EU-Taxonomieverordnung gelten.  

Dies gilt jedoch nicht ausnahmslos. Vielmehr sieht die Verordnung einen Flexibilitätsrahmen von 15 % u.a. für solche Wirtschaftstätigkeiten vor, für die zum Zeitpunkt der Emission der Anleihe keine technischen Bewertungskriterien gelten.

Im Falle einer Änderung der technischen Bewertungskriterien während der Laufzeit der Anleihe sieht die Verordnung für bereits emittierte EUGB Bestandsschutzregelungen vor: Emittenten können unter bestimmten Voraussetzungen sieben Jahre lang auf die zum Zeitpunkt der Emission gültigen Kriterien zurückgreifen.

Pflicht zur Veröffentlichung eines Wertpapierprospektes nach der EU-Prospektverordnung

Im Vorfeld der Emission muss für die als EUGB zu qualifizierende Anleiheemission ein Prospekt nach der EU-Prospektverordnung veröffentlicht und von der zuständigen Behörde gebilligt werden. In Deutschland ist dies die BaFin.

Transparenz durch standardisierte Berichtspflichten

Die Verordnung sieht zahlreiche Informations- und Berichtspflichten vor, welche der Verordnung in standardisierter Form als Anhänge I-IV angefügt sind. Durch die standardisierte Form soll für die Anlegerinnen und Anleger eine leichtere Vergleichbarkeit erreicht werden.

Vor der Emission ist die Veröffentlichung eines Informationsblattes notwendig, in dem der Emittent Angaben zur geplanten taxonomiekonformen Erlösverwendung macht.

Bis zur vollständigen Verwertung der Emissionserlöse haben Emittenten jährlich einen Allokationsbericht zu veröffentlichen. Mit diesem ist nachzuweisen, dass die Erlöse entsprechend der EUGBS verwendet wurden.Nach der Erlösverwendung haben die Emittenten einen einmaligen Wirkungsbericht zu erstellen, aus dem die Auswirkung der Erlöse auf die Umweltziele hervorgeht.

Einführung einer externen Berichtsprüfungspflicht

Die Qualität der veröffentlichten Berichte soll durch eine Voremissionsprüfung und eine Nachemissionsprüfung gesichert werden. Externe Prüferinnen und Prüfer sind damit zu beauftragen, die Informationen in den Informationsblättern und in dem Allokationsbericht zu prüfen und in einer externen Stellungnahme zu erläutern. Der nachgelagerte Wirkungsbericht unterliegt hingegen keiner externen Prüfpflicht.

Der Emittent hat sowohl die Prüfberichte als auch das Informationsblatt, die Allokationsberichte und den Wirkungsbericht auf seiner Website zu veröffentlichen. Zusätzlich werden die Prüfberichte auf den Webseiten der externen Prüferinnen und Prüfer veröffentlicht – ein völlig neues Instrument.Um die Qualitätsanforderungen an die externen Prüfer zu sichern, sieht die Verordnung ein eigenes Registrierungssystem vor. Eine fortlaufende Überwachung erfolgt zudem durch die Europäische Wert­pa­pier- und Markt­auf­sichts­behörde (ESMA).  

Aufsicht und Kontrolle durch die BaFin

Die BaFin überwacht die Erfüllung der Transparenz- und Informationspflichten seitens der Emittenten und stellt sicher, dass fehlende Berichtsinformationen ergänzt oder versäumte Berichte nachträglich veröffentlicht werden. Darüber hinaus ist die BaFin dazu berechtigt, Angebote zu untersagen und Verstöße zu sanktionieren. Die Ausgestaltung der Sanktionen ist den Mitgliedstaaten vorbehalten und steht momentan noch aus. Emittenten sind außerdem verpflichtet, die BaFin über die Veröffentlichung sämtlicher Berichte und des Wertpapierprospekts zu informieren.

Sonstige ökologisch ausgerichtete Anleihen

Um Greenwashing-Risiken im Zusammenhang mit sonstigen „grünen“ Anleihen künftig zu reduzieren, welche den EUGBS nicht erfüllen, soll die europäische Kommission bis zum 21. Dezember 2024 Leitlinien zur Festlegung von Vorlagen für vor der Emission erfolgende freiwillige Offenlegungen zu als ökologisch nachhaltig vermarkteten Anleihen und zu an Nachhaltigkeitsziele geknüpften Anleihen veröffentlichen. Darunter fallen solche Anleihen, die innerhalb der EU mit einem ökologisch nachhaltigen Verwendungszweck vermarktet werden („bonds marketed as environmentally sustainable“) oder an bestimmte Nachhaltigkeitsziele geknüpft sind („sustainability linked bonds“).

Ausblick: EUGBS schafft einheitliches Rahmenwerk für grüne Anleihen

Mit dem EUGBS profitiert der Markt für grüne Anleihen von einem einheitlichen Rahmenwerk. Anleger und Anlegerinnen können künftig mit möglichst geringem Aufwand nachhaltige Anleihen vergleichen. Neu sind neben den standardisierten Informations- und Berichtspflichten vor allem die externe Prüfungspflicht und die Kontrolle durch die BaFin. Damit einher gehen ein zusätzlicher administrativer Aufwand und erhöhte Kosten für den Emittenten. Wegen der Perspektive, dass die Gefahr des Greenwashing deutlich reduziert wird, wird die Verordnung aus Investorensicht jedoch attraktiv sein.

Die neuen rechtlichen Anforderungen gelten ab dem 21. Dezember 2024. Inwieweit sich der EUGBS ge­genüber den be­reits eta­blier­ten internationalen Stan­dards auf dem Kapitalmarkt durch­setzt, bleibt abzuwarten.

 

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