EU Taxonomie-Verordnung: Herausforderung für den Mittelstand

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Klimaneutralität bis 2050 – dieses ehrgeizige Ziel hat sich die Europäische Union im Rahmen des „European Green Deals“ gesetzt. Der Investitionsplan für den Green Deal sieht vor, in den kommenden zehn Jahren mit öffentlichen und privaten Investitionen in Höhe von einer Billion Euro, den Umbau zu einer grünen, klimaneutralen Wirtschaft zu finanzieren.

Ein zentraler Bestandteil dieses Vorhabens ist die EU Taxonomie, die 2019 im Rahmen des EU-Aktionsplans für die Finanzierung nachhaltigen Wachstums („Sustainable Finance“) verabschiedet wurde. Sie zielt auf eine Reallokation der Kapitalströme und Investitionen in nachhaltige Technologien und Unternehmen ab und soll Unternehmen mittels einheitlicher Standards für nachhaltiges Wirtschaften dazu befähigen, Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekte verstärkt in ihr Risikomanagement einzubeziehen und umweltfreundlicher zu werden.

Welche Unternehmen sind von der EU Taxonomie betroffen?

Neben Finanzmarktteilnehmern, die Finanzprodukte bereitstellen, unterliegen Unternehmen, die zur Abgabe einer nichtfinanziellen Erklärung (künftig: zur Nachhaltigkeitsberichterstattung) nach der Non Financial Reporting Directive (NFRD) bzw. zukünftig der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) verpflichtet sind, der EU Taxonomie. Mittelstandsrelevant ist somit die Tatsache, dass nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen ab dem 1. Januar 2025 unmittelbar betroffen sind, sofern sie zwei der drei folgenden Kriterien erfüllen:

  • Bilanzsumme > 25 Mio. Euro
  • Nettoumsatzerlöse > 50 Mio. Euro
  • Zahl der Beschäftigten > 250

Auch für Unternehmen, die nicht unter die NFRD oder CSRD fallen, kann eine Berichterstattung gemäß EU Taxonomie-Verordnung sinnvoll sein, da viele Investorinnen und Investoren, Kundschaft und Zulieferer das Eingehen einer Geschäftsbeziehung von der Erfüllung der Taxonomie-Kriterien abhängig machen werden.

Was ist die EU Taxonomie?

Die EU-Taxonomie stellt dabei ein Klassifizierungssystem für ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten dar. Anhand vorgegebener Kriterien haben Unternehmen aufzuzeigen, ob und wie „grün“ sie wirtschaften und investieren. Im Zentrum stehen dabei sechs Umweltziele, die bei der Nachhaltigkeitsbeurteilung von wirtschaftlichen Aktivitäten berücksichtigt werden müssen. Dieses Klassifizierungssystem wird seitens der Europäischen Union ebenfalls sukzessive konkretisiert und um weitere Wirtschaftsaktivitäten erweitert.

Eine wirtschaftliche Aktivität gilt als nachhaltig, wenn sie einen wesentlichen Beitrag zur Verwirklichung mindestens eines der sechs EU-Umweltziele leistet und gleichzeitig keines der anderen erheblich beeinträchtigt („Do No Significant Harm“). Zusätzlich muss ein Mindestschutz sichergestellt werden, der die Wahrung von Menschenrechten beinhaltet und grundlegende soziale Mindeststandards einschließt. Somit rücken auch soziale Verantwortung und ethische Grundsätze in den Fokus.

Bei der Bewertung einer wirtschaftlichen Aktivität müssen sowohl die Umweltauswirkungen der Tätigkeit selbst als auch der durch sie bereitgestellten Produkte und Dienstleistungen im gesamten Lebenszyklus – einschließlich Produktion, Nutzung und Entsorgung- berücksichtigt werden. Die nachstehende Darstellung veranschaulicht die Vorgehensweise für die Umsetzung der Anforderungen aus der EU Taxonomie-Verordnung:

Implementierung der EU Taxonomie

Die berichtspflichtigen Unternehmen sind gemäß Artikel 8 der EU Taxonomie Verordnung zur Ermittlung und Erklärung taxonomiekonformer Kennzahlen verpflichtet. Hierbei handelt es sich um die Umsatzerlöse, die Investitions- (CapEx) bzw. Betriebsausgaben (OpEx). Hinsichtlich der Umsatzerlöse bezieht sich der anzugebende Anteil auf Erlöse aus dem Verkauf von Produkten oder der Erbringung von Dienstleistungen, die mit als ökologisch nachhaltig klassifizierten („taxonomiekonformen“) Wirtschaftstätigkeiten in Verbindung stehen (Art. 8 Abs. 2a EU Tax-VO). Die zu meldenden Anteile der Investitions- und Betriebsausgaben umfassen gemäß Artikel 8 Absatz 2b der EU Taxonomie Verordnung die Aufwendungen, die mit Vermögenswerten oder Prozessen, die als ökologisch nachhaltig eingestuft werden, verbunden sind.

Einhaltung der Kriterien kann auch nicht-verpflichteten Unternehmen Vorteile bringen

Für mittelständische Unternehmen ergeben sich hieraus mehrere Schlüsselaspekte. Zum einen fallen Unternehmen, die nach der CSRD berichten müssen, ebenfalls unter die EU Taxonomie. Zum anderen kann die Einhaltung der EU Taxonomie Kriterien von Vorteil sein, auch wenn das mittelständische Unternehmen nicht direkt unter die CSRD fällt, da Entscheidungen von Investoren, Kunden und Lieferanten zunehmen auf Nachhaltigkeitskriterien beruhen werden.

Das Ausmaß der Verknüpfung von Nachhaltigkeitsberichterstattung und Finanzberichterstattung nimmt durch die EU Taxonomie weiter zu. Durch die hohe Anzahl an Daten und den geforderten Detailierungsgrad der Kennzahlen steigt gleichzeitig die Komplexität der Offenlegung. Der damit einhergehende Umsetzungsaufwand darf hierbei keinesfalls unterschätzt werden. Die erforderlichen Daten werden in den meisten Einheiten aktuell noch nicht in der benötigten Form vorliegen. Interne Prozesse, IT-Systeme und Kontrollmechanismen müssen dementsprechend an die neuen Anforderungen angepasst werden. Angesichts dessen sollten Unternehmen bereits frühzeitig eine interne Erhebung, Verarbeitung und Analyse von taxonomierelevanten Daten und Kennzahlen durchzuführen, auch wenn das Unternehmen derzeit noch nicht dazu verpflichtet ist. Dabei ist die oben beschriebene Unterscheidung zwischen "taxonomiefähigen" (eligible) und "taxonomiekonformen" (aligned) Wirtschaftstätigkeiten zu beachten, die unabhängig von den zunächst gewährten Erleichterungen weiterhin getroffen werden muss.

Mittelständische Unternehmen sollten die EU Taxonomie als Chance und nicht nur als zusätzliches regulatorisches Instrument verstehen. Sie können ihren langfristigen Erfolg durch die nachhaltige Anpassung ihrer Geschäftsmodelle sichern, da die Berücksichtigung von ESG-Kriterien innerhalb der Unternehmensstrategie eine Grundlage für die Herausforderung und Chancen zukünftiger Entwicklungen schafft.

Sie sind an weiteren Details zur EU Taxonomie interessiert? Dann melden Sie sich gern zu unserem nächsten Praxis-Webinar aus der Reihe „Nachhaltigkeit trifft Mittelstand: Funktionsweise und praxisnahe Einblicke zur Anwendung der EU Taxonomie“ am 14. März an.

 

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