Trilog zum EU-Lieferkettengesetz (CSDDD)

Richtlinienvorschlag für die Sorgfaltspflichten von Unternehmen

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Nachdem Anfang des Jahres das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) in Kraft getreten ist, folgt nun auf europäischer Ebene das sogenannte EU-Lieferkettengesetz (Corporate Sustainability Due Diligence Directive – CSDDD). Am 1. Juni 2023 hat das Europäische Parlament nach langwierigen Verhandlungen seine Position zu dem Richtlinien-Entwurf der Kommission festgelegt und den Vorschlag veröffentlicht. Der Richtlinienvorschlag orientiert sich dabei an den UN-Leitprinzipien zu Wirtschaft und Menschenrechten aus dem Jahr 2011. Die Richtlinie und das LkSG verfolgen im Kern denselben Grundgedanken: Unternehmen sollen verpflichtet werden, bei sich selbst und innerhalb ihrer Lieferketten menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten zu erfüllen. Der aktuell vorliegende Richtlinienvorschlag geht deutlich über das LkSG hinaus und trifft eine Reihe weitergehender Regelungen.

CSDDD betrifft mehr Unternehmen als deutsches Lieferkettengesetz

Vom Anwendungsbereich der CSDDD werden voraussichtlich sehr viel mehr Betriebe unmittelbar erfasst als vom deutschen Lieferkettengesetz. Während das LkSG für 2023 einen Schwellenwert von 3.000 Beschäftigten (ab 2024 reduziert auf 1.000) enthält, senkt die CSDDD die Zahl der Beschäftigten deutlich ab, knüpft jedoch kumulativ an den Nettoumsatz des Unternehmens an.

Die CSDDD erfasst nach dem vom EU-Parlament in erster Lesung beschlossenen Entwurf Unternehmen mit durchschnittlich mehr als 250 Beschäftigten und einem weltweiten Nettoumsatz von über 40 Mio. EUR. Daneben verpflichtet sie auch die oberste Muttergesellschaft einer Unternehmensgruppe, sofern die Gruppe über mehr als 500 Mitarbeiter verfügt und einen weltweiten Nettoumsatz von mehr als 150 Mio. EUR aufweist.

Reichweite der Sorgfaltspflichten: Auch Downstream-Lieferketten berücksichtigt

In Bezug auf die Prüfungsobjekte geht die CSDDD über die Regelungen im LkSG hinaus. Das LkSG verpflichtet nur zur Überprüfung der vorgelagerten Lieferkette („Upstream-Lieferkette"). Der im LkSG normierte Begriff der Lieferkette wird dahingehend eingegrenzt, dass die Erfüllung der Sorgfaltspflichten nur für den eigenen Geschäftsbereich und die Zulieferer verlangt wird. Die CSDDD erweitert den Umfang der Prüfung auf die Downstream-Lieferketten und erfasst damit auch die nachgelagerte Wertschöpfungskette (wie Verkauf, Transport oder Abfallentsorgung).

Betroffene Unternehmen sind sorgfaltspflichtig für

  • die eigenen Tätigkeiten,
  • die Tätigkeiten von Tochtergesellschaften und
  • die Tätigkeiten von Unternehmen in ihrer Wertschöpfungskette, mit denen das Unternehmen eine Geschäftsbeziehung unterhält.

Darunter fallen alle vor- und nachgelagerten Glieder der Wertschöpfungskette – das heißt Lieferanten wie auch Kunden. Aber auch mittelbare Geschäftspartner – das heißt solche, die zwar Teil der Lieferkette sind, aber keine direkte vertragliche Beziehung zum sorgfaltspflichtigen Unternehmen haben – müssen überprüft werden.

Zivilrechtliche Haftung soll Durchsetzung sicherstellen

Am deutlichsten zeigt sich die Schärfe der Richtlinie bei der zivilrechtlichen Haftung, die Unternehmen für den Verstoß gegen Sorgfaltspflichten treffen kann. Während der deutsche Gesetzgeber in § 3 Abs. 3 LkSG die zivilrechtliche Haftung für Sorgfaltspflichtverletzungen ausdrücklich ausschließt, sieht die Richtlinie eine zivilrechtliche Haftung explizit vor. Dadurch soll einer Wettbewerbsverzerrung im Binnenmarkt entgegengewirkt und die effektive Durchsetzung der Sorgfaltspflichten sichergestellt werden. Die CSDDD ermöglicht damit die Geltendmachung eines direkten Anspruchs von Betroffenen gegen Unternehmen auf Schadensersatz wegen Menschenrechtsverletzungen oder Umweltschäden in der Wertschöpfungskette.

Das Bestehen und der Umfang der Haftung sind stets vom Grundsatz der Verhältnismäßigkeit getragen. Insbesondere werden so die Bemühungen des Unternehmens wichtig, geforderte Abhilfemaßnahmen umzusetzen und negative Auswirkungen in seiner Wertschöpfungskette zu bewältigen. Die Berücksichtigung dieser „Bemühungspflicht" soll eine Ausuferung der Haftungsrisiken vermeiden.

Politische Einigung bis voraussichtlich Ende 2023

Nach der Entscheidung im EU-Parlament beginnen nun die sog. Trilog-Verhandlungen zwischen Kommission, Rat und Parlament, um eine Einigung über die endgültige Ausgestaltung der CSDDD zu erzielen. Wie lange diese Verhandlungen andauern werden, lässt sich nicht abschätzen. Eine politische Einigung ist jedoch bis Ende dieses Jahres zu erwarten. Bis voraussichtlich Ende 2025 müsste dann der deutsche Gesetzgeber die CSDDD in nationales Recht umsetzen und eine Anpassung des LkSG vornehmen.

Deutsches LkSG wird nachgeschärft werden

Die Lieferkettensorgfaltspflichten werden in absehbarer Zeit durch die CSDDD europäisch determiniert. Die dort vorgesehenen Pflichten der Unternehmen gehen teilweise weiter als die des LkSG. Der deutsche Gesetzgeber wird das LkSG deutlich nachschärfen müssen. Mit der Einführung der zivilrechtlichen Haftung wird zudem ein zusätzlicher Antrieb für Unternehmen geschaffen, sich um eine bestmögliche Erfüllung der Sorgfaltspflichten zu bemühen. Bei Fragen zu diesem Thema sowie den aktuellen Regelungen des LkSG sprechen Sie uns gern an.

 

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