Übertragung von Wirtschaftsgütern auf eine Personengesellschaft als einheitlicher entgeltlicher Vorgang

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Der Bundesfinanzhof (BFH) hat kürzlich entschieden, dass auch bei der Erfassung der Übertragung eines Wirtschaftsgutes auf mehreren Kapitalkonten (sog. Mischfällen) bei der Personengesellschaft insgesamt ein entgeltlicher Vorgang vorliegt. Die Entscheidung des BFH ist zu begrüßen, da sie für Rechtssicherheit sorgt, nachdem die Vorinstanz (das Niedersächsische Finanzgericht) abweichend entschieden hatte, dass eine Aufteilung in einen entgeltlichen und unentgeltlichen Vorgang vorzunehmen ist.

Abschreibung einer Windkraftanlage bei Übertragung auf eine Personengesellschaft

In dem zu entscheidenden Fall war die Höhe der Abschreibung einer Windkraftanlage streitig. Diese wurde von mehreren Personen aus dem Privatvermögen gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten auf eine gewerbliche Personengesellschaft übertragen. Soweit der Wert der Anlage die anteilige Pflichteinlage überschritten hatte, wurde der Wert der Anlage auf dem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto der Personengesellschaft erfasst. Fraglich war nun, ob darin auch eine Einlage zu sehen ist, die zu einer Kürzung der Bemessungsgrundlage für die Abschreibung der Windkraftanlage nach § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG geführt hätte.

BFH sieht bei sog. Mischfällen keine Aufteilung in einen entgeltlichen und unentgeltlichen Teil

Der BFH entschied mit Urteil vom 23. März 2023 (Az. IV R 2/20), dass in einem solchen Fall insgesamt eine entgeltliche Übertragung vorliegt. Eine Aufteilung der Übertragung in einen entgeltlichen und unentgeltlichen Anteil der Übertragung findet nicht statt. Vielmehr ist dieser Vorgang insgesamt als ein tauschähnliches Geschäft anzusehen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn eine anteilige Gutschrift auf dem Kapitalkonto I, welches Gesellschaftsrechte vermittelt, erfolgt. Dies gilt jedoch selbst dann, wenn wie im Streitfall, im Rahmen der Übertragung der Windkraftanlage zusätzlich das gesamthänderisch gebundene Rücklagenkonto bebucht wird. Denn auch dieser Teil ist als Gegenleistung zu qualifizieren, welche die Einbringenden im Austausch für die Einräumung oder Erweiterung der Mitunternehmerstellung erhalten. Diese Sachverhalte sind damit insgesamt als entgeltliche Vorgänge zu bewerten, mit der Folge, dass für eine Anpassung der Bemessungsgrundlage der Abschreibung nach § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG mangels Einlage kein Raum mehr bleibt. Eine Kürzung der Abschreibungsbemessungsgrundlage kann demnach nicht vorgenommen werden. Mit der Entscheidung widerspricht der BFH der Vorinstanz. Das Niedersächsische Finanzgericht hatte abweichend entschieden, dass eine Aufteilung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Anteil zu erfolgen hat (vgl. Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 17. Oktober 2019, Az. 7 K 67/15). Dies hätte u. a. zur steuerlichen Konsequenz geführt, dass die Abschreibung nach § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG zu kürzen wäre, soweit eine Einlage vorlag.

Entscheidung sorgt für Rechtssicherheit

Mit dieser Entscheidung sorgt der BFH für Rechtssicherheit. Für die Steuerpflichtigen ist es erfreulich, dass die Abschreibungsbemessungsgrundlage in Mischfällen nicht gekürzt wird, da künftig jedenfalls bei erstmaliger Einräumung und Erweiterung der Mitunternehmerstellung durch Gewährung von Gesellschaftsrechten ein entgeltlicher Vorgang anzunehmen ist, selbst dann, wenn die Übertragung zum Teil auf einem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto erfasst wird. Eine Einlage kann danach insbesondere dann vorliegen, wenn die Übertragung des Wirtschaftsgutes ausschließlich auf einem Kapitalkonto erfasst wird, welches zwar ein Eigenkapitalkonto ist, jedoch keine Gesellschaftsrechte vermittelt (individuelle Rücklagenkonten des Gesellschafters). Offen lässt der BFH jedoch, wie die Fälle zu beurteilen sind, in denen der Übertragende bereits Gesellschafter (Kommanditist) einer bestehenden Personengesellschaft (GmbH & Co. KG) ist und sowohl vor als auch nach der Übertragung zu 100 % am Vermögen, Gewinn/Verlust und an den Stimmrechten der Personengesellschaft beteiligt ist. Fraglich ist hier, ob und wie zwischen entgeltlichen und unentgeltlichen Vorgängen unterschieden werden kann, wenn keine relative Erweiterung der Mitunternehmerstellung gegenüber den Mitgesellschaftern erfolgt.

 

Gemeinsam verfasst mit Frank Niesmann.

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