Die Modernisierung des Personengesellschaftsrechts – Beschlussfassung, Stimmrechte und Beschlussmängel

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In unserem zunächst letzten Teil eines Überblicks zum Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) (lesen Sie hier unseren ersten Teil und hier unseren Teil zwei) befassen wir uns mit der Beschlussfassung und der Geltendmachung von Beschlussmängeln nach neuem Recht.

Stimmkraft und Gewinn- und Verlustverteilung

Gesetzlich sieht das (noch) geltende Recht den Grundsatz „eine Stimme pro Kopf" vor, sofern keine abweichenden Regelungen getroffen sind. Mit der Gesetzesänderung bestimmt sich die Stimmkraft der Gesellschafter nunmehr vorrangig nach ihren vereinbarten Beteiligungsverhältnissen an der Gesellschaft (§ 709 Abs. 3 S. 1 BGB-E) (Anteilsquote). Der Gesetzgeber hat sich bewusst gegen die tatsächlichen Werte und für die zwischen den Gesellschaftern vereinbarten Beteiligungsverhältnisse entschieden, um streitige Bewertungsfragen zu vermeiden. Damit wird zum gesetzlichen Standard, was in der Praxis bereits regelmäßig vereinbart war. Haben die Gesellschafter Beteiligungsquoten nicht ausdrücklich vereinbart, richtet sich die Stimmkraft hilfsweise nach dem vereinbarten Wert der Beiträge (§ 709 Abs. 3 S. 2 BGB-E) (Beitragsquote) und nur noch höchsthilfsweise nach Köpfen (§ 709 Abs. 3 S. 3 BGB-E). Die so ermittelten Quoten gelten entsprechend für die Verteilung von Gewinn und Verlust.

Beschlussfassung

Es bleibt für die Personengesellschaft beim gesetzlichen Grundfall, dass nach § 714 BGB-E / § 109 HGB-E Gesellschafterbeschlüsse einstimmig zu fassen sind. Der Gesellschaftsvertrag kann aber abweichende Mehrheitserfordernisse regeln (zur Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsvertrag vgl. § 708 BGB-E / § 108 HGB-E).

Zusätzlich regelt § 109 Abs. 4 HGB-E für oHG und KG die Beschlussfähigkeit der Gesellschafterversammlung. Sind Mehrheitsbeschlüsse nach dem Gesellschaftsvertrag zulässig, ist die Versammlung bereits dann beschlussfähig, wenn mit den Stimmen der anwesenden oder vertretenen Gesellschafter die vertraglichen Mehrheitserfordernisse erfüllt werden können.

Neues Beschlussmängelrecht für oHG und KG

Zu den wesentlichen Neuerungen des MoPeG gehört das in den §§ 110 ff. HGB-E für die oHG und die KG vorgesehene Beschlussmängelrecht. Zunächst in den Beratungen noch umstritten, hat sich der Gesetzgeber nun entschieden, diese Bestimmungen nicht auf die GbR zu erstrecken. Den Gesellschaftern einer GbR steht es aber frei, das gesetzlich kodifizierte Beschlussmängelrecht in ihren Gesellschaftsvertrag aufzunehmen.

Nach der geltenden Rechtslage sind Gesellschafterbeschlüsse in Personengesellschaften nichtig, wenn der Beschlussmangel Auswirkungen auf das Abstimmungsergebnis hat. Sie sind damit unabhängig davon, ob gegen Verfahrensrecht, zwingendes Gesetzesrecht oder gesellschaftsvertragliche Regelungen verstoßen wird von Anfang an ungültig. Das MoPeG tritt dieser gravierenden Rechtsfolge und der sich aus Einzelfällen entwickelten Kasuistik mit der generellen Unterscheidung zwischen nichtigen und anfechtbaren Beschlüssen entgegen. Die Nichtigkeit ist nur noch für solche Beschlüsse vorgesehen, die ihrem Inhalt nach gegen zwingendes Gesetzesrecht verstoßen, auf deren Einhaltung die Gesellschafter nicht verzichten können, oder die durch Urteil aufgrund einer Anfechtungsklage für nichtig erklärt wurden. Ein Verstoß gegen gesellschaftsvertragliche Vorgaben oder abdingbares Gesetzesrecht führt nur zur Anfechtbarkeit des Beschlusses. Wird von dem Anfechtungsrecht nicht innerhalb der Anfechtungsfrist Gebrauch gemacht, bleibt ein ursprünglich anfechtbarer Beschluss endgültig wirksam.

Verfahrensregelungen zu Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage

Die Einzelheiten zur Anfechtungsklage sind neu in den §§ 111 bis § 113 HGB-E geregelt:

  • Zuständig ist nach § 113 Abs. 1 HGB-E ausschließlich das Landgericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat. Das führt dazu, dass ein Vorgehen gegen Beschlüsse immer auch Anwaltszwang bedeutet. Dessen ungeachtet können die Gesellschafter Schiedsverfahren auch für Beschlussmängelklagen vereinbaren.

  • Die Klage ist gegen die Gesellschaft zu richten, § 113 Abs. 2 S. 1 HGB-E. Im Falle des Obsiegens des anfechtenden Gesellschafters hat er somit im Verhältnis seiner Beteiligung an der Gesellschaft die Prozesskosten mitzutragen.

  • Nach § 111 HGB-E ist jeder Gesellschafter, unabhängig von seiner Beteiligung und seiner individuellen Betroffenheit, anfechtungsberechtigt.

  • Die Klagefrist – mit dem Ziel schnellstmöglicher Rechtssicherheit – ist auf maximal drei Monate festgelegt. Sie kann gesellschaftsvertraglich auf bis zu einen Monat verkürzt, nicht aber verlängert werden. Die Frist beginnt dabei nach § 112 Abs. 2 HGB-E erst mit dem Tag, an dem der Beschluss dem anfechtungsberechtigten Gesellschafter bekannt gemacht worden ist.

Die Festlegung der Nichtigkeit eines Beschlusses erfolgt über die in § 114 HGB-E geregelte Nichtigkeitsklage. Für die Nichtigkeitsklage gelten die Regelungen der Anfechtungsklage nach § 113 S. 1 HGB-E entsprechend.

Inkrafttreten zum 1. Januar 2024

Das MoPeG kommt: Dem Gesetz hat am 25. Juni 2021 auch der Bundesrat zugestimmt, der Bundestag hatte es tags zuvor einstimmig angenommen. Anders als die Entwürfe es vorsahen, wird das Gesetz jedoch erst zum 1. Januar 2024 in Kraft treten. Die Einrichtung der technischen Voraussetzungen für das neue Gesellschaftsregister für die eGbR nehme mehr Zeit in Anspruch als geplant, so die Begründung. Den betroffenen Rechtsanwendern bleibt damit hinreichend Zeit, sich mit den neuen Regelungen vertraut zu machen und etwaigen Regelungsbedarf umzusetzen.

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