Fachkräfteeinwanderung

Neue Möglichkeiten für Unternehmen?

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Um der Herausforderung fehlender Fachkräfte auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu begegnen, hat der Deutsche Bundestag im Juni 2023 das Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) reformiert und auch für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber Neuerungen auf den Weg gebracht. Einige Änderungen, wie die Erleichterungen für den Erhalt einer Blauen Karte EU gelten bereits ab November 2023, die restlichen Änderungen treten zum 1. März 2024 in Kraft. 

Die Gesetzesänderung zum 2020 in Kraft getretenen Fachkräfteeinwanderungsgesetz zielt darauf ab, den Fach- und Arbeitskräftebedarf zu sichern und drittstaatangehörige Fachkräfte für den deutschen Arbeitsmarkt zu gewinnen. Insbesondere sollen bürokratische Hürden und Formalitäten auf dem Weg zur Einreise und einem Aufenthaltstitel verringert werden. Das zukünftige Erwerbsmigrationsrecht soll dabei auf drei Säulen beruhen: der Fachkräftesäule, der Erfahrungssäule und der Potenzialsäule, wobei die Fachkräftesäule weiterhin das zentrale Element bilden soll.  

Neben frühen Integrationsangeboten sind weitere gesetzliche Erleichterungen beim Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt enthalten. Dies betrifft insbesondere Personen mit ausländischer Qualifikation, die Dauer und Anforderungen des Anerkennungsverfahrens oder zu hohe Gehaltsgrenzen, die bisher von einer Visumbeantragung abhalten.  

Bestehen bleibt die Blaue Karte EU für ausländische Hochschulabsolventen und die nationale Aufenthaltserlaubnis für ausländische Fachkräfte mit einem in Deutschland anerkannten Abschluss, wobei es hier durch die Richtlinie (EU) 2021/1883 einen bunten Strauß an Erleichterungen und Modernisierungen gibt. Die Gesetzesänderung ist daher auch eine umfassende Umsetzung der Richtlinienvorgaben in nationales Recht. 

Das neue Gesetz wird durch flankierende Änderungen aus der Verordnung zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung, die insbesondere auf die Gewinnung von berufserfahrenen Fachkräften und von Arbeitskräften sowie die Beschleunigung von Visaverfahren abzielen, begleitet. 

Die wesentlichen Änderungen auf einen Blick  

Die wesentlichen Bestandteile der Gesetzesänderung betreffen Erleichterungen im Bereich der Blauen Karte EU, der Flexibilität von Fachkräften und Unternehmen und des Zugangs zum Arbeitsmarkt. Neu ist, dass Personen mit einem in Deutschland anerkannten Abschluss jede qualifizierte Tätigkeit ausüben können. Zudem wird mit der Gesetzesänderung eine Chancenkarte eingeführt, die mittels Punktesystem den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern soll.  

Änderungen zur Blauen Karte EU: 

Die EU-Richtlinie 2021/1883 wird im Rahmen der Gesetzesänderung in nationales Recht überführt, woraus viele Neuerungen für die Blaue Karte EU folgen. Für Inhaberinnen und Inhaber einer solchen Karte werden beispielsweise der Arbeitgeberwechsel sowie der Familiennachzug vereinfacht. So reicht es künftig aus, wenn der Arbeitgeberwechsel der Ausländerbehörde angezeigt wird, einer ausdrücklichen Zustimmung bedarf es nicht mehr. Zudem werden Regelungen für die Ausübung von kurz- und langfristiger Intra-EU-Mobilität in Deutschland für Inhaberinnen und Inhaber einer Blauen Karte EU, die ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgestellt hat, geschaffen.  

Neu ist ferner, dass künftig auch IT-Spezialistinnen und spezialisten eine Blaue Karte EU beantragen können, die keinen anerkannten Hochschulabschluss besitzen. Sie müssen dafür „bestimmte non-formale Qualifikationen“ erfüllen und nachweisen können. 

Um die Blaue Karte EU noch attraktiver zu gestalten, werden die bestehenden Gehaltsschwellen für Regel- und Engpassberufe gesenkt. Das Gehalt muss für Engpassberufe und Berufsanfängerinnen und -anfänger mindestens 45,3 % der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung betragen, für die übrigen Berufsgruppen mindestens 50 % der Beitragsbemessungsgrenze. Zugleich erfolgt auch eine Ausweitung der Liste der Engpassberufe bzw. „Mangelberufe“. 

Die neue Chancenkarte:

Grundsätzlich soll die Chancenkarte Ausländerinnen und Ausländern ermöglichen, auch ohne Arbeitsvertrag oder verbindliches Jobangebot nach Deutschland zu kommen. Sie soll die Arbeitsplatzsuche in Deutschland erleichtern und bringt somit für Unternehmen den Vorteil, dass sich potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten bereits vor Ort in Deutschland befinden.  

Die Einführung der Chancenkarte soll zu einer Erleichterung der Arbeitssuche von Fachkräften, also Personen mit einem anerkannten ausländischen, mindestens zweijährigen Berufsabschluss oder Hochschulabschluss, führen. Für Personen mit in Deutschland nicht anerkannten Ausbildungen basiert die Karte auf einem Punktesystem, das sich auf Faktoren wie Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Qualifikation, Alter und Deutschlandbezug bezieht. Für die Beantragung der Chancenkarte sind mindestens sechs Punkte notwendig. Auch im Ausland erreichte AHKK-Abschlüsse ermöglichen den Zugang zu einer solchen Karte. Zudem kann sie bei qualifizierten Beschäftigten einmalig um zwei Jahre in Form einer „Folge-Chancenkarte“ verlängert werden. 

Neue Regelungen für Fachkräfte mit und ohne Berufserfahrung

Als ebenfalls große Neuerung sollen Personen mit einem in Deutschland anerkannten Abschluss - also entweder einer Berufsausbildung oder auch einem akademischen Abschluss - künftig jede qualifizierte Tätigkeit ausüben können. Die bisherige Beschränkung auf Tätigkeiten, die in direktem Sachzusammenhang mit der Ausbildung stehen, entfällt damit bei Fachkräften.  

Ferner wird eine neue Aufenthaltserlaubnis für eine sog. Anerkennungspartnerschaft eingeführt, sodass für vorqualifizierte ausländische Personen das Erlangen eines in Deutschland anerkannten Abschlusses attraktiver wird. Dabei kann das Anerkennungsverfahren – wie bisher nur im Rahmen von Vermittlungsabsprachen möglich – auch erst im Inland begonnen werden. Beschäftigte und Unternehmen verpflichten sich, das Anerkennungsverfahren zügig durchzuführen. Im Gegenzug kann die Person in Deutschland bereits vom ersten Tag an eine Beschäftigung aufnehmen. Ebenfalls ausgebaut wird die Möglichkeit zur Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen, indem die Dauer der Aufenthaltserlaubnis zur Durchführung von Anpassungsmaßnahmen von 18 auf 24 Monate erhöht wird.  

Für Studierende und Auszubildende wurden erweiterte Möglichkeiten zur Nebenbeschäftigung geschaffen. Insbesondere wurden die Höchstbeschäftigungszeiten angepasst und das bisherige Jahresarbeitszeitkonto angehoben. Somit sind Nebenbeschäftigungen in Form von Werkstudentenjobs möglich und dies bereits ab dem Besuch von studienvorbereitenden Maßnahmen.  

Fazit und Praxishinweise  

Die Gesetzesänderungen erleichtern den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt für ausländische Arbeitskräfte erheblich. Sie bieten auch Unternehmen eine schnellere und einfachere Zugriffsmöglichkeit auf ausländische Fachkräfte.  

Es empfiehlt sich, Kandidatinnen und Kandidaten während des Aufenthaltsverfahrens eng zu begleiten und zu unterstützen. Nach wie vor sollte für das Antragsverfahren ausreichend Zeit eingeplant werden. Inwieweit die Gesetzesänderung tatsächlich zum Bürokratieabbau führt, bleibt abzuwarten.  

Sprechen Sie uns bei weiteren Fragen oder Unterstützungsbedarf hinsichtlich dieser Themen gern an. 

 

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