Verschärfung der lohnsteuerlichen Regelungen für grenzüberschreitend tätige Angestellte

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Mit Wirkung ab Januar 2023 ist nahezu unbemerkt eine Änderung der Lohnsteuerrichtlinien in Kraft getreten. Diese kann bei grenzüberschreitend tätigen Angestellten zu einer deutlichen Erhöhung der monatlichen Lohnsteuerbelastung führen. Betroffen hiervon sind insbesondere Angestellte, die regelmäßig im In- und im Ausland tätig sind und die nur mit den auf Deutschland entfallenden Gehaltsbestandteilen in Deutschland besteuert werden.

In diesen Fällen sind nunmehr die Arbeitstage, an denen der Arbeitnehmer Arbeitslohn bezogen hat, der nicht dem deutschen Lohnsteuerabzug unterliegt, nicht mehr bei der Ermittlung des Lohnzahlungszeitraums für Zwecke der Lohnsteuer zu berücksichtigen.

Im Ergebnis bedeutet dies, dass anstelle der Lohnsteuer-Monatstabelle nun die Lohnsteuer-Tagestabelle anzuwenden ist. Infolgedessen werden im Wesentlichen Grundfreibetrag und der Arbeitnehmer-Pauschbetrag anteilig gekürzt, sodass diese Handhabung regelmäßig zu einer deutlich höheren Lohnsteuerbelastung führen wird.

Wen betreffen die verschärften Regelungen?

Betroffen sind im Wesentlichen die folgenden Fallkonstellationen:

  • Angestellte aus Deutschland, die ihre Tätigkeit innerhalb eines Kalendermonats neben ihrer inländischen Tätigkeit teilweise im Ausland verrichten und bei denen die Voraussetzungen dafür erfüllt sind, dass die auf die Tätigkeit im Ausland entfallenden Anteile des bezogenen Arbeitslohns vom deutschen Lohnsteuerabzug nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung freigestellt werden.
  • Angestellte aus dem Ausland, die ihre Tätigkeit innerhalb eines Kalendermonats neben ihrer Tätigkeit im Ausland teilweise in Deutschland verrichten und bei denen die Voraussetzungen dafür erfüllt sind, dass die auf die Tätigkeit in Deutschland entfallenden Anteile des bezogenen Arbeitslohns dem deutschen Lohnsteuerabzug unterliegen.

Beispiel

Eine Arbeitnehmerin einer ausländischen Konzerngesellschaft wird neben der Tätigkeit im Ausland untermonatlich anteilig in Deutschland für die deutsche Tochtergesellschaft tätig. Das monatliche Grundgehalt beträgt EUR 7.500. Auf die Tätigkeit in Deutschland entfallen anhand arbeitstägiger Berechnung 20 % des bezogenen Grundgehalts.

Es wird angenommen, dass die deutsche Tochtergesellschaft für die Tätigkeit in Deutschland zur wirtschaftlichen Arbeitgeberin wird, sodass EUR 1.500 monatlich dem deutschen Lohnsteuerabzug unterliegen.

In diesem Beispiel ist die auf den steuerpflichtigen Grundlohn abzuführende Lohnsteuer entsprechend der neuen Rechtsauffassung der Finanzverwaltung aufgrund der nun anzuwendenden Tagestabelle anstelle der Monatstabelle um monatlich ungefähr EUR 350 (EUR 4.200 jährlich) erhöht.

Handlungsbedarf: Ausgleich für Mehrbelastung nur teilweise möglich

Bei in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern kann im Rahmen der im Regelfall ohnehin zwingenden Einkommensteuerveranlagung gegebenenfalls ein Ausgleich der entstehenden Mehrbelastungen erfolgen. Bei in Deutschland beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern aus EU-/ EWR-Staaten ist die Vorteilhaftigkeit der freiwilligen Abgabe einer Steuererklärung im Einzelfall zu prüfen, während der erhöhte Lohnsteuerabzug für Arbeitnehmer aus Drittstaaten regelmäßig eine definitive Mehrbelastung darstellt.

Bisher ist diese Änderung nur in den Lohnsteuerrichtlinien 2023 zu finden und spiegelt daher ausschließlich die Auffassung der Finanzverwaltung wider. Die Gesetzeslage blieb dagegen unverändert. Vor diesem Hintergrund kann erwogen werden, Einspruch einzulegen und ggf. ein Klageverfahren zu führen. Wichtig ist jedoch, dass das Betriebsstättenfinanzamt über eine ggf. abweichende Handhabung (Anwendung der Monatstabelle anstelle der Tagestabelle) informiert wird und insoweit ablehnend bescheiden kann. Es bleibt abzuwarten, ob und ggf. wie die Rechtsprechung auf diese Änderung der Lohnsteuerrichtlinie reagieren wird.

 

Gemeinsam verfasst mit Len Wierwille.

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