Grundschuld und Rückgewähranspruch als Sicherheiten

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Die Grundschuld ist das klassische dingliche Sicherungsmittel: Jede Bank, die Immobilien finanziert, lässt sich zur Sicherheit Grundschulden bestellen. Zahlt der Darlehensnehmer nicht, darf der Grundschuldgläubiger aus der Grundschuld in das Grundstück – einschließlich Immobilie – vollstrecken. Der Gläubiger kann erwirken, dass das Grundstück veräußert wird und seine Forderungen aus dem Verkaufserlös befriedigen.

Ist die notarielle Beglaubigung der Grundschuld ausreichend oder bedarf es der notariellen Beurkundung?

Das Gesetz schreibt vor, dass zu der Eintragung in das Grundbuch erforderliche Erklärungen – wie die Erklärung zur Bestellung einer Grundschuld – durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden müssen. Danach ist es ausreichend, eine Grundschuld notariell zu beglaubigen. Das ist für den Schuldner mit deutlich weniger Kosten verbunden als eine notarielle Beurkundung.

Der Darlehensgeber wird eine andere Sichtweise vertreten. Zahlt der Schuldner auf eine fällige Forderung nicht, ist eine Vollstreckung aus der Grundschuld nur möglich, wenn der Darlehensgeber vor Gericht ein vollstreckbares Urteil erstritten hat. Dieser Weg ist jedenfalls langwierig und mindestens mit einem zeitlichen Risiko behaftet. Die Bank wird daher fordern, dass eine notarielle Urkunde errichtet wird. In dieser Urkunde unterwerfen sich der Eigentümer (dinglich) und der Darlehensnehmer (persönlich) der sofortigen Zwangsvollstreckung. Im Fall der Zahlungsunfähigkeit kann die Bank direkt mit Hilfe dieser Urkunde vollstrecken.

In Finanzierungsverträgen sollte hier der Verhandlungsspielraum genutzt werden. Gerade bei großen Immobilienportfolios können die Beurkundungskosten sehr hoch sein. Als guter Kompromiss bietet es sich an, nur einen Teilbetrag der Grundschuld für sofort vollstreckbar zu erklären. Der Gegenstandswert, nach dem sich die Beurkundungskosten richten, ist dann entsprechend geringer.

Rangverhältnisse der Grundschulden

Im Grundbuch gilt das Prioritätsprinzip: Zeitlich früher eingetragene Grundschulden gehen später eingetragenen Grundschulden im Rang vor. Etwas anders gilt nur, wenn eine zusätzliche Rangabrede vereinbart ist. Ein nachrangiger Gläubiger wird nur (teilweise) befriedigt, wenn nach Befriedigung der vorrangigen Gläubiger noch Erlös vorhanden ist.

Ist für das Projekt neben einer sogenannten Senior-Finanzierung durch eine Bank eine Mezzanine-Finanzierung durch weitere Finanzinvestoren erforderlich, wird neben der erstrangigen Grundschuld für die Bank für den Mezzanine-Finanzierer eine nachrangige Grundschuld bestellt. Das Verhältnis der Sicherheiten zueinander wird zwischen den Darlehensgebern zusätzlich in einer sogenannten Interkreditorenvereinbarung geregelt. Bei einer Verwertung des Grundstückes wird erst die Bank, dann der Finanzinvestor befriedigt, falls nach Befriedigung des erstrangigen Gläubigers noch Verkaufserlös übrig ist.

Die Abtretung des Rückgewähranspruchs aus der Grundschuld

Eine alternative Gestaltungsmöglichkeit oder auch zusätzliche Sicherheit für einen nachrangigen Gläubiger ist die Abtretung des Rückgewähranspruchs aus der erstrangigen Grundschuld. Der Rückgewähranspruch ist ein Anspruch des Grundstückeigentümers aus der Sicherungsabrede mit der Bank. Die Bank darf die Grundschuld nur insoweit verwerten, als dass sie noch offene Forderungen gegen den Schuldner hat. Ist das Darlehen ganz oder teilweise zurückgezahlt oder hat die Bank vollstreckt und ist der Erlös höher als die verbleibende Darlehensschuld, hat der Grundstückseigentümer einen Rückgewähranspruch. Er kann die Löschung oder Abtretung der Grundschuld oder bei Verwertung den überschießenden Erlös als Ersatz verlangen. Diese Rückgewähransprüche kann sich ein nachrangiger Darlehensgeber bereits vorab als Sicherheit abtreten lassen. Die Abtretung des Rückgewähranspruchs ist formfrei möglich und bedarf damit anders als die Bestellung einer Grundschuld nicht mindestens der notariellen Beglaubigung.

Hat die Bank als erstrangige Sicherheitennehmerin das Recht des Grundstückseigentümers auf Abtretung des Rückgewähranspruch jedoch ausgeschlossen oder von ihrer Zustimmung abhängig gemacht, bedarf es der Zustimmung der Bank. Eine ohne Zustimmung erfolgte Abtretung an einen nachrangigen Gläubiger ist sonst unwirksam.

Zustimmung vor Abtretung der Rückgewähransprüche einholen

Ein Abtretungsverbot – so entschied kürzlich der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil vom 14. Januar 2022 – ist sowohl gegenüber dem Eigentümer, der nicht Schuldner, sondern nur Drittsicherungsgeber ist, als auch gegenüber dem Schuldner, der zugleich Sicherheitengeber ist, nicht unwirksam. Der BGH sieht das Interesse des erstrangigen Gläubigers an einer klaren und übersichtlichen Vertragsabwicklung als vorrangig an. Eine entsprechende Regelung darf sogar in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken enthalten sein. Die Bank darf dem Grundstückseigentümer die Zustimmung jedoch nicht unbillig verweigern. Vielmehr besteht ein Zustimmungsanspruch zur Abtretung der Rückgewähransprüche, sofern nicht berechtigte Interessen des Sicherungsnehmers entgegenstehen. Da die Zustimmung keine Rückwirkung hat, ist diese stets vor der Abtretung einzuholen.

Auf einen Blick: Grundschuldbetrag und Rückgewähranspruch als Sicherheiten

  • Eine Unterwerfung des vollständigen Grundschuldbetrags unter die Zwangsvollstreckung ist nicht immer erforderlich.
  • Das Sicherungsinteresse eines nachrangigen Gläubigers kann zusätzlich oder alternativ durch die formlose Abtretung des Rückgewähranspruchs aus der erstrangigen Grundschuld gesichert werden. Auf Zustimmungsvorbehalte des erstrangigen Gläubigers ist zu achten.
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