Vertrieb über Amazon und Umsatzsteuer

icon arrow down white

Der Verkauf von Waren über Onlineportale wie z. B. Amazon als beliebter Vertriebspartner gewinnt immer mehr an Bedeutung. Es wird nicht immer der Fall sein, dass das Unternehmen „Amazon“ selbst Vertragspartner und somit Abnehmer/Käufer der Ware ist. Häufig sind in der Praxis die Fälle, in denen zwar Amazon die Abwicklung der Verkäufe über ihre Verkaufsplattform, den sogenannten Marketplace, anbietet, die Online-Händler aber ihre Waren direkt im eigenen Namen und auf eigene Rechnung an ihre Endkunden verkaufen. Amazon übernimmt dabei als (Vertriebs-)Dienstleister lediglich die Auftrags- und Verkaufsabwicklung (einschließlich des Versandes). Amazon bietet hierbei ein „Fulfillment bei Amazon“ an. Dabei werden die Waren in ein Amazon-Lager gebracht und dort durch Amazon selbständig versendet.

Es kommt hierbei entweder zu steuerpflichtigen Inlandslieferungen (wenn aus einem deutschen Amazon-Lager heraus innerhalb Deutschlands versendet wird), zu steuerfreien Binnenmarktlieferungen an Unternehmer im EU-Ausland oder zu Lieferungen bei denen die Regelungen zum Versand-handel anzuwenden sind (Lieferung an private Abnehmer im EU-Ausland). Lieferungen ins Drittland führen unter bestimmten Voraussetzungen zu steuerfreien Ausfuhrlieferungen. Sehr häufig werden die Produkte über Amazon an Privatpersonen als Abnehmer verkauft; die steuerlichen Folgen daraus werden im Folgenden näher beleuchtet.

Warenlager in Deutschland

Werden die Waren an die privaten Abnehmer aus einem in Deutschland liegenden Lager an einen inländischen Kunden veräußert, ohne dass es beim Versand der Ware zu einem Grenzübertritt kommt, ergeben sich insofern keine Besonderheiten. Die Lieferung ist in der Regel in Deutschland steuerbar und steuerpflichtig.

Werden die Waren allerdings im Europäischen Binnenmarkt grenzüberschreitend veräußert, ist zwingend die Versandhandelsregelung gemäß § 3c UStG zu beachten. Die Vorschrift besagt im Grundsatz, dass die Umsätze an Privatpersonen innerhalb der EU im Bestimmungsland (Wohnsitz des Abnehmers) zu besteuern sind. Dieses gilt jedoch nur, wenn die jeweilige festgelegte nationale Lieferschwelle überschritten wird. Sofern die Summe der Lieferungen eines Jahres in ein EU-Land nicht die Lieferschwelle überschreitet, verbleibt es bei der Regelung wie im Fall einer Lieferung innerhalb Deutschlands (steuerbar und steuerpflichtig). Es besteht jedoch grundsätzlich die Möglichkeit der Option zur generellen Besteuerung im Bestimmungsland. In Deutschland liegt die maßgebende Lieferschwelle derzeit bei EUR 100.000, in Frankreich z. B. bei EUR 35.000 und in Dänemark bei DKK 280.000.

Bei einer Lieferung an Privatpersonen außerhalb Europas (Drittland) liegt bei entsprechendem Nachweis eine steuerfreie Ausfuhrlieferung vor (ohne Berücksichtigung von Wert- und Liefergrenzen).

Warenlager im europäischen Ausland

Amazon betreibt seine Warenlager nicht nur in Deutschland, sondern verstärkt auch z. B. in Tschechien oder Polen; somit kommt es vielfach dazu, dass die Gegenstände zunächst zur Einlagerung in ein EU-Ausland transportiert und nach der Bestellung durch einen Kunden entweder wieder nach Deutschland oder weiter im europäischen Ausland befördert werden.

Da der Onlinehändler sowohl vor als auch nach der Einlagerung der Waren Eigentümer der Gegenstände bleibt und der Endabnehmer üblicherweise noch nicht bekannt ist, führt das Einlagern zu einem innergemeinschaftlichen Verbringen in das „Lagerland“ (§ 6a Abs. 2 UStG i.V.m. § 3 Abs. 1a UStG).

Obwohl die Gegenstände im ausländischen Lager zum unmittelbaren Weiterverkauf bestimmt sind, führt das nicht zu einer nur vorübergehenden Verwendung im Land des Lagers (A 1a.2 Abs. 6 UStAE). Der Händler hat somit die einzelnen grenzüberschreitenden Lagerungen als innergemeinschaftliches Verbringen in Deutschland steuerfrei zu erklären und nachzuweisen (§ 6a Abs. 3 UStG). Zudem ist das Verbringen in der deutschen Zusammenfassenden Meldung (ZM) zu erklären (§ 18a Abs. 6 Nr. 2 UStG). Darüber hinaus muss der Unternehmer gem. § 14a Abs. 3 S. 1 UStG eine sogenannte Pro-Forma-Rechnung ausstellen, für die sowohl seine deutsche USt-IdNr. als auch eine vom jeweiligen Lagerland erteilte USt-IdNr. benötigt wird. Im Empfängerland ist gemäß den dort geltenden Vorschriften in der Regel ein innergemeinschaftlicher Erwerb zu erklären. Deutsche Unternehmer müssen sich somit im jeweiligen Land des Amazon-Lagers umsatzsteuerlich registrieren lassen.

Werden die Gegenstände aus einem ausländischen Lager zum Kunden geliefert, sind der Wohnsitz des Abnehmers sowie die umsatzsteuerlichen Vorschriften des jeweiligen Lagerlandes zu beachten.

Privater Abnehmer mit Wohnsitz in Deutschland

Werden die Waren dabei nach der Bestellung eines Kunden anschließend wieder nach Deutschland befördert und kommt es somit zu einer Rücklieferung, ist gemäß dem jeweiligen Recht des Abgangslandes zu beurteilen, ob es unter Beachtung einer Lieferschwelle zur Anwendung einer Versandhandelsregelung mit Besteuerung im Abgangsstaat oder bei Überschreiten der Lieferschwelle im Empfängerland (hier: Deutschland) kommt. In der Regel ist ein Verzicht auf die Anwendung der Lieferschwelle möglich, so dass alle Lieferungen nach der gleichen Regelung behandelt werden können.

Privater Abnehmer mit Wohnsitz im Europäischen Ausland

Für viele Unternehmer ist der Fall von Bedeutung, dass die Waren über ein im EU-Ausland belegenes Amazon-Lager an private Abnehmer im Europäischen Ausland veräußert werden. Werden die Gegenstände dabei von einem ausländischen Lager heraus innerhalb des Lagerlandes verkauft und befördert, kommt es in der Regel zu einer lokalen Lieferung unter Anwendung des jeweiligen ausländischen (USt-)Rechts.

Denkbar ist selbstverständlich auch, dass ein deutscher Unternehmer aus einem im EU-Ausland belegenen Lager heraus an Abnehmer in einem weiteren EU-Land liefert, was wiederum unter Anwendung des Rechts des Abgangs- und Empfängerstaates zu beurteilen ist. Eine Lieferung an Privatpersonen im Drittland ist ebenfalls nach dem jeweiligen Recht des Lager- und Empfängerlandes zu beurteilen.

Exkurs: Verkauf an einen anderen Unternehmer

Nicht selten wird es auch vorkommen, dass Waren aus einem Amazon-Lager heraus an andere Unternehmer verkauft werden. Solange kein Grenzübertritt der Ware stattfindet, gestaltet sich dies unproblematisch, da es in der Regel zu steuerpflichtigen Inlandsumsätzen kommt. Bei grenzüberschreitenden Lieferungen aus einem inländischen Lager heraus sind regelmäßig die Vorschriften über steuerfreie Binnenmarktlieferungen anzuwenden.

Werden die Waren in einem Lager, welches im europäischen Ausland belegen ist, grenzüberschreitend an andere Unternehmer verkauft, tätigen die Onlinehändler aus dem Lagerland heraus grundsätzlich innergemeinschaftliche Lieferungen. Dies gilt auch dann, wenn der unternehmerische Kunde in Deutschland ansässig ist, die Gegenstände jedoch z. B. aus einem Lager in Polen stammen.

Darüber hinaus kann es zu lokalen Inlandslieferungen an andere Unternehmer kommen, bei denen im Einzelfall das nationale Reverse-Charge-Verfahren zur Anwendung kommt, nach dem der Leistungsempfänger die Steuer schuldet, wenn beispielsweise der betroffene Mitgliedsstaat für Lieferungen von nicht ansässigen Unternehmern pauschal das Reverse-Charge-Verfahren vorsieht.

Eine Lieferung an Unternehmer im Drittland führt zu einer steuerfreien Ausfuhrlieferung, wenn dies entsprechend nachgewiesen werden kann.

Fazit: Warenbewegungen und Geschäftsbeziehungen genau prüfen

Bei der Einlagerung von Waren in einem im EU-Ausland belegenen Amazon-Lager sind die anschließenden Warenbewegungen wie auch Geschäftsbeziehungen genau zu prüfen, da der Vertrieb über dieses Amazon-Lager erhebliche Auswirkungen auf die Umsatzsteuer haben kann. Dies bedarf einer konkreten Einzelfallbetrachtung. Unweigerlich werden diejenigen Unternehmer, die ihre Produkte durch ein im EU-Ausland belegendes Amazon-Lager vertreiben und die Abwicklung der Verkäufe über die Verkaufsplattform Amazon Marketplace erfolgt, d. h. ihre Waren direkt im eigenen Namen und auf eigene Rechnung an die Endkunden verkaufen, in dem jeweiligen Land umsatzsteuerlich registrierungspflichtig.

Gerne unterstützen wir Sie in Abstimmung mit unseren Kollegen aus unserem internationalen Crowe-Beraternetzwerk bei dieser Registrierung.

Über das Symbol diesen Artikel weiterempfehlen

Dazu passende Artikel

  • Das Wachstumschancengesetz im Überblick

  • Einlagenrückgewähr in Outbound-Konstellationen

  • Steuertermine 2024

  • Verluste aus Kapitalvermögen: aktuelle Entwicklungen