Kommanditistenhaftung

BGH entscheidet zugunsten der Insolvenzverwalter

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Am 20. Februar 2018 hat der BGH in einem für die Insolvenzverwalterpraxis relevanten Urteil (II ZR 272/16) entschieden, dass es zur substantiierten Darlegung einer Gläubigerforderung gegen den Kommanditisten nach §§ 171 Abs. 2, 172 Abs. 4 HGB ausreichend ist, wenn der Insolvenzverwalter die Insolvenztabelle mit festgestellten Forderungen vorlegt, die nicht aus der Insolvenzmasse befriedigt werden können. Zudem hat der BGH geurteilt, dass einem Kommanditisten aufgrund der Wirkung der widerspruchslosen Feststellung der Forderung in der Insolvenztabelle jegliche Einwendungen gegen die Gläubigerforderung abgeschnitten sind, welche die Gesellschaft im Hinblick auf die Feststellung nicht mehr geltend machen kann.

Ausgangslage

Kommanditisten haften gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe ihrer sogenannten Hafteinlage unmittelbar. Diese Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Kommanditisten ihre Einlage geleistet haben. Es ist jedoch möglich, dass diese Haftung im Nachhinein wieder auflebt. Dies ist der Fall, wenn und soweit die Einlage eines Kommanditisten zurückbezahlt wird oder ein Kommanditist Gewinnanteile entnimmt, während sein Kapitalanteil durch Verluste unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert ist oder wird. Ein bekanntes Beispiel sind sogenannte Liquiditätsausschüttungen, bei denen die Kommanditisten Ausschüttungen erhalten, diese aber nicht durch handelsrechtliche Gewinne gedeckt sind. Solche Ausschüttungen sind als Einlagenrückgewähr zu qualifizieren mit der Folge, dass die Haftung der Kommanditisten den Gläubigern gegenüber in entsprechender Höhe wieder auflebt. Die Gläubiger können die Kommanditisten somit unmittelbar wegen einer Forderung gegen die Gesellschaft in Anspruch nehmen. Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, ist es Aufgabe des Insolvenzverwalters, die Rechte der Gesellschaftsgläubiger aus Kommanditistenhaftung geltend zu machen. Bei der Inanspruchnahme obliegt es dem Insolvenzverwalter, die Gläubigerforderungen darzulegen und ggf. auch zu beweisen.

Aktuelle Entscheidung

In dem vom BGH am 20. Februar 2018 entschiedenen Fall hat ein Insolvenzverwalter einen Kommanditisten gemäß §§ 171 Abs. 2, 172 Abs. 4 HGB in Anspruch genommen. Dabei hat der Insolvenzverwalter zur Darlegung der Forderungen der Gläubiger gegen die insolvente Kommanditgesellschaft die Insolvenztabelle vorgelegt.

Im Rahmen der Revision musste sich der BGH mit der Frage auseinandersetzen, ob die Vorlage der Insolvenztabelle zur Darlegung der Gläubigerforderungen ausreicht oder ob eine weitergehende Substantiierung der einzelnen angemeldeten Forderungen erforderlich ist. Dem BGH zufolge reicht es zur substantiierten Darlegung der Gläubigerforderungen aus, wenn der Insolvenzverwalter die Insolvenztabelle mit festgestellten Forderungen vorlegt, die nicht aus der Insolvenzmasse befriedigt werden können. Weiter führt der BGH aus, dass die Angabe einer Reihenfolge der in der Insolvenztabelle enthaltenen Gläubigerforderungen hinsichtlich ihrer Geltendmachung durch den Insolvenzverwalter nicht zur Substantiierung bzw. Individualisierung der Gläubigerforderungen erforderlich sei. Einer solchen Angabe bedarf es zutreffender Weise deshalb nicht, weil die nach Insolvenzeröffnung vom Insolvenzverwalter einzuziehende Hafteinlage nur noch zur gleichmäßigen Befriedigung der berechtigten Gläubiger verwendet werden darf.

In dem vom BGH entschiedenen Fall stellte sich zudem die Frage, ob einem Kommanditisten Einwendungen gegen widerspruchslos festgestellte Forderungen zustehen. Dies hat der BGH verneint und entschieden, dass die mittelbar aus § 201 Abs. 2 InsO folgende Rechtskraftwirkung der widerspruchslos erfolgten Feststellung von Forderungen zur Insolvenztabelle auch dem Kommanditisten die der Gesellschaft abgesprochenen Einwendungen gegen die Gläubigerforderungen nimmt.

Auswirkungen für die Praxis

Die Frage der hinreichenden Substantiierung der Gläubigerforderungen ist in der Praxis ein ebenso wenig zu unterschätzendes Thema wie die Frage etwaiger Einwendungen von Kommanditisten gegen die geltend gemachten Gläubigerforderungen. Für Insolvenzverwalter und die von diesen vertretenen Gesellschaftsgläubiger ist es daher zu begrüßen, dass der BGH seine bisherige Rechtsprechung bestätigt und fortentwickelt hat. Dies sollte den Insolvenzverwaltern eine Inanspruchnahme der Kommanditisten aus Kommanditistenhaftung erleichtern und das Prozessrisiko deutlich reduzieren.

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