Brexit: Wirrwarr bei Unionsmarken?

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Am 31. Januar 2020 ist das Vereinigte Königreich aus der Europäischen Union ausgetreten. Innerhalb der darauffolgenden Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2020 blieben das EU-Recht in UK anwendbar und Änderungen für Unionsmarkeninhaber damit aus. Mit dem Start ins Jahr 2021 haben Unionsmarken jedoch ihren Schutz in UK verloren. Ihr Geltungsbereich beschränkt sich nunmehr auf die verbleibenden 27 Mitgliedsstaaten. Was bedeutet das nun für Ihren bestehenden und zukünftigen Markenschutz in UK?

Eingetragene Unionsmarken erhalten UK-Klon

Um Inhaber von Unionsmarken nicht schutzlos zu stellen, wurde für jede Unionsmarke, die zum Jahreswechsel im europäischen Markenregister eingetragen war, eine entsprechende UK-Marke („comparable UK trade mark") geschaffen und im britischen Markenregister kostenfrei eingetragen. Die Marke behält das Anmelde- und Prioritätsdatum der Unionsmarke und übernimmt auch ihre Schutzdauer. Eine gesonderte Urkunde wird nicht ausgestellt, die neuen Marken können jedoch unter www.gov.uk eingesehen werden. Inhaber eingetragener Unionsmarken verfügen ab dem 1. Januar 2021 also automatisch über zwei Marken: Eine Unionsmarke mit Schutz in der EU und eine nationale britische Marke mit Schutz in UK.

Bei anhängigen Unionsmarkenanmeldungen besteht Handlungsbedarf

Für Unionsmarken, die vor dem 1. Januar 2021 angemeldet, aber noch nicht eingetragen waren, gilt Folgendes: Eine automatische Übernahme der Unionsmarke ins britische Markenregister findet nicht statt. Innerhalb von neun Monaten – also bis zum 30. September 2021 – haben Anmelder aber die Möglichkeit, eine identische nationale Marke zu beantragen, die den Zeitrang der Unionsmarke beibehält. Für die Anmeldung fallen die üblichen Amtsgebühren für eine Markenanmeldung in UK an.

Auswirkung auf Verlängerungsverfahren

Wie die Unionsmarke muss die neu entstandene UK-Marke vor Schutzablauf verlängert werden. Die Schutzdauer der neuen UK-Marke ist an die Laufzeit der Unionsmarke gekoppelt. Läuft diese nach dem 1. Januar 2021 ab, müssen zwei Verlängerungsverfahren durchgeführt und doppelte Gebühren bezahlt werden. Das gilt auch dann, wenn die Verlängerung der Unionsmarke noch vor dem Jahreswechsel beantragt wurde, der Schutz der Unionsmarke aber 2021 – also nach dem Brexit – geendet wäre. Da das Schutzende in den Zeitraum nach dem Brexit fällt, wirkt die zuvor beantragte Verlängerung der Unionsmarke nicht für die UK-Marke. Es kann also sein, dass die UK-Marke bereits kurz nach ihrem Entstehen wieder ausläuft, ohne dass der Markeninhaber von der Marke überhaupt erfahren hat. Die Verlängerungserinnerung, die das Britische Markenamt üblicherweise sechs Monate vor Schutzablauf versendet, konnte das Amt aufgrund der Umstellung nicht rechtzeitig übermitteln. Schließlich existieren die UK-Marken erst seit dem 1. Januar 2021. Das Amt versendet jedoch eine Mitteilung über den Schutzablauf und ermöglicht, die Verlängerung innerhalb von sechs Monaten ohne Verspätungszuschlag nachzuholen.

Auswirkungen auf rechtserhaltende Benutzung

Marken müssen spätestens kurz vor Ablauf einer sogenannten Benutzungsschonfrist benutzt werden, um die daran bestehenden Rechte zu wahren. Bei Unionsmarken beträgt diese Benutzungsschonfrist fünf Jahre ab Registrierung. Innerhalb dieses Zeitraums muss die Marke zumindest in einem der Mitgliedsstaaten im Geschäftsverkehr benutzt werden. Seit dem 1. Januar 2021 reicht die alleinige Benutzung einer Unionsmarke im Vereinigten Königreich nach aktuellem Stand nicht mehr aus. Auch umgekehrt stellt die Benutzung einer UK-Marke in den verbleibenden EU-Ländern keine relevante Benutzungshandlung dar. Zunächst können sich Markeninhaber aber noch bis zu fünf Jahre auf eine bis zum 31. Dezember 2020 erfolgte Benutzung in der EU bzw. in UK berufen.

Auswirkungen auf laufende Löschungsverfahren

Für am Stichtag anhängige Löschungsverfahren gegen Unionsmarken ist Folgendes vorgesehen: Endet das Verfahren mit der Löschung der Unionsmarke, soll auch die britische Marke gelöscht werden. Die Marken teilen also in der Regel das gleiche Schicksal. Das Vereinigte Königreich ist allerdings dann nicht zur Löschung der UK-Marke verpflichtet, wenn der geltend gemachte Löschungsgrund im Vereinigten Königreich nicht vorliegt. Beispielsweise wenn die Marke in einem der 27 Mitgliedstaaten rein beschreibend ist, in UK jedoch nicht.

Es zeigt sich also, dass das befürchtete Brexit-Chaos im Markenrecht ausgeblieben ist. Für die wichtigsten Punkte wurden sinnvolle Auffangregelungen getroffen. Unionsmarkeninhaber bleiben durch ihre neugewonnene „comparable UK trade mark" erst einmal geschützt. Markenanmelder dagegen haben derzeit verschiedene Möglichkeiten, im Vereinigten Königreich Markenschutz zu erlangen. Wir unterstützen Sie gern bei der Wahl der für Sie passenden Option.

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