Vorsteuerabzug: Fehlende Angabe des Leistungszeitpunkts unschädlich?

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Ordnungsmäßige Rechnung als Voraussetzung für den Vorsteuerabzug

Aus Rechnungen über Leistungen, die ein Unternehmer an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen erbracht hat und für die Umsatzsteuer gesetzlich geschuldet wird, steht dem Leistungsempfänger gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG grundsätzlich ein Vorsteuerabzugsrecht zu. Weitere Voraussetzung ist außerdem, dass der Leistungsempfänger im Besitz einer nach den §§ 14, 14a UStG ordnungsmäßig ausgestellten Rechnung ist.

Leistungszeitpunkt als formelle Rechnungsangabe

Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 UStG ist in der Rechnung der Zeitpunkt der Leistung anzugeben. Diese Angabe verfolgt das Ziel, die Erhebung der Umsatzsteuer und ihre Überprüfung sicherzustellen. Sofern eine Rechnung kein Leistungsdatum enthält, ist für die Finanzverwaltung nicht ersichtlich, wann die hiermit zusammenhängende Umsatzsteuer und der damit korrespondierende Anspruch auf Vorsteuerabzug entstanden ist.

Rechnungen, die keine Angabe zum Leistungszeitpunkt enthalten, sind nicht ordnungsmäßig ausgestellt und der Leistungsempfänger kann die ausgewiesene Umsatzsteuer nicht nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG als Vorsteuer abziehen. Regelmäßig kann der leistende Unternehmer die Rechnung in einem solchem Fall jedoch (rückwirkend) berichtigen.

In A 14.5 Abs. 16 Satz 2 des UStAE stellt die Finanzverwaltung klar, dass eine Angabe zum Leistungszeitpunkt auch dann erforderlich ist, wenn das Ausstellungsdatum der Rechnung mit dem Zeitpunkt der Leistung übereinstimmt. Wäre ein Leistungsdatum bei identischem Leistungs- und Rechnungsdatum entbehrlich, bestünde für die Finanzverwaltung bei einer Rechnung ohne Leistungsdatum stets die Ungewissheit, ob das Leistungsdatum mit dem Rechnungsdatum übereinstimmt oder Ersteres aus anderen Gründen fehlt.

Als Zeitpunkt der Leistung kann der Kalendermonat angegeben werden, in dem die Leistung ausgeführt wird (§ 31 Abs. 4 UStDV).

BMF-Schreiben vom 9. September 2021 (III C 2 - S 7280-a/19/10004 :001)

Mit Schreiben vom 9. September 2021 ändert die Finanzverwaltung den UStAE und lässt für bestimmte Fälle, in denen die Rechnung keine Angabe zum Leistungszeitpunkt enthält, eine Ausnahme von dem Erfordernis des Besitzes einer ordnungsmäßigen Rechnung zu. Bestehen keine Zweifel, dass die Leistung in dem Monat der Rechnungsstellung ausgeführt wurde, kann sich der Leistungszeitpunkt im Einzelfall aus dem Rechnungsdatum ergeben. In solchen Fällen ist die sich aus der fehlenden Angabe des Leistungszeitpunktes ergebende formelle Unrichtigkeit der Rechnung unschädlich für den Vorsteuerabzug, auch wenn die Rechnung nicht berichtigt wird. Dies gilt jedoch nicht, wenn Zweifel daran bestehen, dass die Daten zusammenfallen. Solche Zweifel bestehen nach Auffassung der Finanzverwaltung insbesondere dann, wenn das Zusammenfallen von Rechnungs- und Leistungsdatum nicht branchenüblich ist, der Rechnungsaussteller eine zeitnahe Abrechnung nicht regelmäßig durchführt oder bei der konkreten Leistung sonstige Zweifel am Zusammenfallen der Daten bestehen. Es obliegt dem Unternehmer, der den Vorsteuerabzug geltend macht, anhand der sonstigen Geschäftsunterlagen (z.B. des Lieferscheins) die fehlende Angabe des Leistungszeitpunktes zu ergänzen oder zweifelsfrei nachzuweisen.

Das BMF bezieht mit dem vorliegenden Schreiben Stellung zur Rechtsprechung des BFH (BFH-Urteile vom 1. März 2018, V R 18/17 und vom 15. Oktober 2019, V R 29/19 (V R 44/16)). Es stellt klar, dass ein Vorsteuerabzug aus Rechnungen, die keine Angabe zum Leistungszeitpunkt enthalten nur ausnahmsweise und unter strengen Voraussetzungen möglich ist. Den Entscheidungen des BFH lag jeweils eine Würdigung im Einzelfall zugrunde Die Grundsätze des BMF-Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.

Hinweis auf die Berichtung von nicht ordnungsmäßigen Rechnungen

Sofern der Vorsteuerabzug nicht möglich ist, weil eine Rechnung nicht ordnungsgemäß und dem Leistungsempfänger ein Objektivnachweis zur Feststellung der Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nicht möglich ist, kann der Leistungsempfänger eine berichtigte Rechnung vorlegen. Ein entsprechendes Schreiben zur Rückwirkung der Rechnungsberichtigung hatte das BMF am 18. September 2020 veröffentlicht.

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