Bisher war für eine wirksame Zuordnung gemischt genutzter Gegenstände zum Unternehmensvermögen eine fristgebundene Mitteilung an das Finanzamt erforderlich. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun in zwei Urteilen entschieden, dass eine Mitteilung an das Finanzamt innerhalb einer bestimmten Zuordnungsfrist nicht erforderlich ist, wenn nach außen hin erkennbar gewordene objektive Anhaltspunkte für die Zuordnung vorliegen.

Vorsteuerabzug zuvor nur bei fristgemäßer Mitteilung der Zuordnungsentscheidung möglich

Für gemischt genutzte Gegenstände steht Unternehmern grundsätzlich ein Wahlrecht zu: sie können sie

  • vollumfänglich ihrem Unternehmen zuordnen,
  • insgesamt in ihrem Privatvermögen belassen oder
  • den Gegenstand entsprechend dem unternehmerischen Nutzungsanteil anteilig ihrem Unternehmen zuordnen.

Je nach Zuordnung steht Unternehmern ein Vorsteuerabzugsrecht in entsprechender Höhe zu.

Die Entscheidung über die Zuordnung ist vom Unternehmer zeitnah zu dokumentieren (grundsätzlich in der erstmöglichen Voranmeldung). Nach Verwaltungsauffassung liegt eine zeitnahe Dokumentation gleichwohl vor, wenn eine Mitteilung an das Finanzamt spätestens bis zur gesetzlichen Regelabgabefrist für Steuererklärungen erfolgt (A 15.2c Abs. 16 Satz 5 UStAE). Wurde bis zum Ablauf dieser Frist keine für die Finanzverwaltung erkennbare Zuordnungsentscheidung abgegeben, führte dies bisher zum endgültigen Verlust des Vorsteuerabzuges.

BFH entschärft Vorgaben zur fristgerechten Dokumentation der Zuordnungsentscheidung

Der Bundesfinanzhof hat in zwei Urteilen entschieden, dass für die Dokumentation der Zuordnungsentscheidung keine fristgebundene Mitteilung an die Finanzbehörde erforderlich ist (Urteile vom 4. Mai 2022, Az. XI R 29/21 (XI R 7/19) und Az. XI R 28/21 (XI R 3/19)). Liegen innerhalb der Dokumentationsfrist nach außen hin objektiv erkennbare Anhaltspunkte für eine Zuordnung vor, können diese der Finanzbehörde auch noch nach Ablauf der Frist mitgeteilt werden.

Den BFH-Urteilen sind Vorabentscheidungen des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vorausgegangen, mit denen die Zuordnungsfrist im Grundsatz mit dem Unionsrecht für vereinbar erklärt wurde. Eine Fristversäumnis allein darf jedoch nicht zur endgültigen Versagung des Vorsteuerabzugs führen. Der EuGH überließ es dem BFH, die Verhältnismäßigkeit dieses Mittels zu prüfen (EuGH Urteile vom 4. Oktober 2021, C‑45/20 und C‑46/20). Über diese Urteile haben wir bereits berichtet.

Die zugrundeliegenden Streifälle der BFH-Entscheidung

In den zugrundeliegenden Streitfällen wurde den jeweiligen Klägern der Vorsteuerabzug aus dem Erwerb einer Photovoltaikanlage bzw. aus Eingangsleistungen zur Errichtung eines gemischt genutzten Gebäude versagt. Dieser wurde von den Klägern erstmalig in deren Umsatzsteuerjahreserklärung geltend gemacht, die nach Ablauf der regulären Abgabefrist für Steuererklärungen eingereicht worden waren. Die für die Klageverfahren zuständigen Finanzgerichte teilten die Auffassung, dass die Zuordnungsentscheidung nicht rechtzeitig erfolgt war.

Objektiver Anhaltspunkt macht Zuordnung erkennbar

Der BFH ist im Fall der Photovoltaikanlage (Az. XI R 29/21) zu dem Ergebnis gekommen, dass diese vom Kläger rechtzeitig seinem Unternehmen zugeordnet wurde. Es lagen bereits im Jahr der Anschaffung objektive Anhaltspunkte wie der Abschluss eines Einspeisevertrags mit offenem Umsatzsteuerausweis vor. Dadurch ist innerhalb der Zuordnungsfrist erkennbar geworden, dass der Steuerpflichtige die Photovoltaikanlage seinem Unternehmen zugeordnet hat. Es ist nach Auffassung des BFH nicht zusätzlich erforderlich, dass die Zuordnung der Finanzverwaltung innerhalb dieser Frist mitgeteilt wird.

Im Fall des gemischt genutzten Gebäudes (Az. XI R 28/21) hat der BFH mangels tatsächlicher Feststellungen durch das Finanzgericht nicht abschließend entschieden. Unter Verweis auf das Urteil zur Photovoltaikanlage führt er jedoch aus, dass für die Dokumentation der Zuordnung keine fristgebundene Mitteilung an die Finanzbehörde erforderlich ist, sofern innerhalb der Dokumentationsfrist nach außen hin objektiv erkennbare Anhaltspunkte für eine Zuordnung vorliegen. Im Urteilsfall könnte sich eine Zuordnung aus den Bauplänen ergeben, wenn die beabsichtigte Nutzung durch weitere objektive Anhaltspunkte untermauert wird.

Mögliche objektive Anhaltspunkte

Objektive Anhaltspunkte für eine Zuordnung zum Unternehmen können neben der (Nicht-) Geltendmachung des Vorsteuerabzugs z. B. auch

  • die bilanzielle Behandlung des Gegenstands,
  • das Auftreten der Unternehmer bei Ankauf unter ihren Firmennamen oder
  • die betriebliche bzw. private Versicherung des Gegenstandes sein.

Den Nachweis durch Zeugenbeweis oder Parteivernehmung lehnt der BFH ab.

Fazit: Zuordnung muss trotz flexiblerer Mitteilung objektiv erkennbar sein

Die Entscheidungen des BFH sind aus Sicht der Unternehmer begrüßenswert, da die wirksame Zuordnung eines gemischt genutzten Gegenstandes zum Unternehmen nicht in jedem Fall von einer fristgebundenen Mitteilung an das Finanzamt abhängt. Die Mitteilung an das Finanzamt kann auch noch nach Ablauf der Frist erfolgen, wenn die Zuordnung auf andere Weise nach außen hin objektiv dokumentiert wurde.

Zu beachten ist aber, dass die Zuordnung zum Unternehmen bei fehlenden objektiv erkennbaren Anhaltspunkten nicht unterstellt werden kann. In diesen Fällen muss weiterhin eine fristgerechte Mitteilung an das Finanzamt erfolgen. Fristgerecht bedeutet in diesen Fällen: bis zur gesetzlichen Regelabgabefrist der Jahressteuererklärung (die Abgabe innerhalb einer vom Finanzamt gewährten Fristverlängerung genügt nicht). Andernfalls droht ein Verlust des Vorsteuerabzugs.