Vermietung von PKW-Stellplätzen an Wohnungsmieter ist umsatzsteuerfrei

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Mit Urteil vom 10. Dezember 2020 (Az. V R 41/19) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass es sich bei der Vermietung von PKW-Stellplätzen an Wohnungsmieter um eine steuerfreie Nebenleistung handelt. Vorausgegangen war eine Entscheidung des Finanzgerichts (FG) Thüringen (Urteil vom 27. Juni 2019, Az. 3 K 246/19), der zufolge eine Stellplatzvermietung an Wohnungsmieter eine selbständige, steuerpflichtige Leistung darstelle, wenn auch externen Mietern, die nicht gleichzeitig Wohnungsmieter in dem entsprechendem Objekt sind, Zugang zur Tiefgarage möglich sei, ohne das Mietgebäude zu betreten. Gegen dieses Urteil legte das an dem Rechtsstreit beteiligte Finanzamt Revision ein. Der BFH sah die Revision als begründet an und hob das Urteil des FG Thüringen auf.

Sachverhalt

Der Kläger errichtete in den Jahren 2011 bis 2014 einen Gebäudekomplex, welcher aus einem Vorderhaus, einem Zwischenkomplex und einem Hinterhaus besteht. Hierbei befanden sich im Vorder- und im Hinterhaus Beherbergungseinheiten. Im Verbindungsteil zwischen beiden Häusern wurden Tiefgaragenstellplätze errichtet. Der Zugang zur Tiefgarage war möglich, ohne das Mietgebäude zu betreten.

Der Kläger beabsichtigte, den gesamten Gebäudekomplex steuerpflichtig zu vermieten. Den für die Jahre 2012 und 2013 vollumfänglich geltend gemachten Vorsteuerabzug aus der Errichtung der Gebäude inkl. Stellplatzfläche gewährte das Finanzamt entsprechend.

Im Jahr 2014 änderte sich die Verwendungsabsicht dahingehend, dass der Kläger fortan einen Teil des Gebäudekomplexes dauerhaft steuerfrei zu Wohnzwecken vermietete. Die für diese Gebäudeteile während der Bauphase geltend gemachten Vorsteuerbeträge wurden nach § 15a UStG berichtigt. Einige der Tiefgaragenstellplätze wurden an die Wohnungsmieter vermietet. Die Mietverträge über die Wohnungen und über die Stellplätze hatten unterschiedliche Kündigungsfristen. Die übrigen Stellplätze wurden teilweise von der Klägerin selbst genutzt oder an nicht im Haus wohnendende Mieter vermietet.

Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung ging das zuständige Finanzamt davon aus, dass die Überlassung der Wohnung und die Überlassung der Stellplätze an den jeweiligen Wohnungsmieter eine einheitliche Leistung sei, wobei die Stellplatzvermietung eine unselbständige Nebenleistung zur steuerfreien Wohnungsvermietung als Hauptleistung sei. Das Finanzamt berichtigte die hierauf entfallenden Vorsteuerbeträge gemäß § 15a UStG. Der sich hiergegen richtende Einspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg. Der nachfolgenden Klage wurde vom FG Thüringen stattgegeben. Das Finanzgericht vertrat die Ansicht, dass die Vermietung der Stellplätze steuerpflichtig sei, da es sich hierbei nicht um eine Nebenleistung zur steuerfreien Wohnungsvermietung gehandelt habe. Für die Annahme einer Nebenleistung fehle es nach Auffassung des entscheidenden Gerichts an einem engen räumlichen und einem wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen der Wohnungsvermietung einerseits und der Vermietung der Stellplätze andererseits.

Der BFH widersprach der Aussage des Finanzgerichtes und führt damit seine bisherige Rechtsprechung zur Stellplatzvermietung im Zusammenhang mit einer steuerfreien Grundstücksvermietung zu Wohnzwecken fort.

Tenor und Begründung des BFH

Der BFH hat im vorliegenden Sachverhalt entschieden, dass die Vermietung von PKW-Stellplätzen steuerfrei ist, wenn sie im Rahmen eines einheitlichen wirtschaftlichen Vorgangs eng mit einer steuerfreien Grundstücksvermietung für Wohnzwecke verbunden ist. Im zu beurteilenden Sachverhalt liegt ein solcher einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang vor, da die Mietflächen Teil eines Gebäudekomplexes sind und von ein und demselben Vermieter an ein und denselben Mieter vermietet werden. Insoweit folgt der BFH erneut der EuGH-Rechtsprechung (EuGH-Urteil vom 13. Juli 1989, Rs. C-173/88, Henriksen und BFH-Urteile vom 30. März 2006, Az. V R 52/05 sowie vom 21. Juni 2017, Az. V R 3/17). Dass auch andere (externe) Stellplatzmieter Zugang zur Tiefgarage hatten, ohne das Mietwohngebäude betreten zu müssen, ist hierbei nach dem aktuellen Urteil ohne Bedeutung. Auch die Tatsache, dass die Wohnungsnutzung auch ohne Stellplatzanmietung möglich ist, steht dieser Beurteilung der Stellplatzvermietung nicht entgegen. Des Weiteren ist es unschädlich für die Annahme von Haupt- und Nebenleistung, dass die Grundstücks- und die Stellplatzvermietung auf unterschiedlichen Märkten angeboten wird.

BFH hält an seiner bisherigen Rechtsprechung fest

Eine abweichende umsatzsteuerliche Beurteilung als die bisherige für die Stellplatzvermietung im Zusammenhang mit einer Grundstücksvermietung zu Wohnzwecken ergibt sich hieraus nicht. Der BFH gibt mit seinem aktuellen Urteil Anlass für die Annahme einer weiten Auslegung des einheitlichen wirtschaftlichen Vorgangs bei der Grundstücks- und Stellplatzvermietung. Eine klare Aussage, wo die Grenze für den engen und räumlichen Zusammenhang zu ziehen ist, trifft der BFH jedoch nicht.

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