Unternehmensführung in Verantwortung (Teil 2):

Die Initiative „GmbH mit gebundenem Vermögen“

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Die Gesellschaft mit gebundenem Vermögen („GmbH-gebV"): Welche Vor- und Nachteile hat die Gesellschaftsform? Können die hehren Ziele der Initiatoren auch mit bestehenden Gestaltungsalternativen erreicht werden? In Ergänzung zu unserem ersten Teil, der die wesentlichen Eckpunkte des Gesetzesentwurfs aus Februar 2022 beschreibt, konzentrieren wir uns in diesem Beitrag auf die Verschiebung der Anreizstrukturen für Gesellschafter, Geschäftsführer und Mitarbeitende in der GmbH-gebV im Unterschied zu den klassischen Rechtsformen.

Gewinne für Verantwortliche im Unternehmen

Zentraler Gedanke der GmbH-gebV ist, dass sich Menschen in dieser Gesellschaftsform zusammenfinden, nicht allein, weil sie Gesellschafter sind, sondern weil sie eine sog. Werte- und Fähigkeitenverwandtschaft eint. Den Gesellschafter, der überwiegend ein rein wirtschaftliches Interesse an der Gesellschaftsbeteiligung hat, wird die GmbH-gebV nicht überzeugen. Die Vermögensbindung (asset lock) sorgt dafür, dass Gewinne in der Gesellschaft verbleiben. Die Gesellschafter erhalten allenfalls eine angemessene Vergütung für ihre Tätigkeit für die Gesellschaft, nicht aber für ihre Gesellschafterstellung. Die Vergütung soll ihnen ein auskömmliches Leben ermöglichen und die Versorgung im Alter sichern. Darüber hinaus gehende Gewinne können damit in die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens investiert und an die Menschen ausgezahlt werden, die unmittelbar für Wachstum und Bestand des Unternehmens verantwortlich sind. Mitarbeiterbeteiligungsprogramm können hier einen festen Bestandteil der Unternehmenskultur bilden. Im Idealfall kann die GmbH-gebV zu einer Art „perpetuum mobile" werden, dass die Mitarbeiter und die Gesellschafter gleichermaßen dauerhaft versorgt. Die Kritik, die GmbH-gebV führe zu einer Anhäufung von immer mehr Gewinn und Vermögen ist damit allenfalls in der Theorie berechtigt.

Herausforderungen bei der Finanzierung

Richtig ist aber, dass die GmbH-gebV für reine Eigenkapitalgeber, die ein Interesse an der Verzinsung ihres Kapitals und an der Wertsteigerung haben, uninteressant ist. Mindestens in zwei Konstellationen kann dies für die Gesellschaft nachteilig sein:

Im Gründungsstadium sollen Ideen entwickelt werden, die zwar Potenzial haben, deren Erfolg aber ungewiss ist. Klassische Fremdkapitalgeber sind typischerweise nicht interessiert, denn in der Gründungsphase können Unternehmen kaum Sicherheiten bieten. Die Vermögensbindung (asset lock) wiederum lässt jeden Anreiz für Eigenkapitalgeber entfallen. Dem Unternehmen bleibt die Finanzierung über Gesellschafterdarlehen und Mezzanine-Kapitalgeber, die hier einen klaren Wettbewerbsvorteil haben. Die Finanzierung kann damit für die GmbH gebV teuer werden. In Krisensituationen können sich ähnliche Finanzierungsengpässe ergeben. Echte Wagniskapitalgeber wird das Unternehmen nicht finden.

Den Anreiz, den die Aussicht auf die Ausschüttung von Gewinnen und die Partizipation an Wertsteigerungen bei den Gesellschaftern schafft, kann die GmbH-gebV nicht bieten. Die Motivation zur Führung des Unternehmens durch die Gesellschafter, die die Mitarbeiter in ein gewinnorientiertes Wirtschaften lenken und damit den Erfolg des Unternehmens sicherstellen, ist in der GmbH-gebV gefährdet. Ob sich in der Realität ausreichend intrinsisch motivierte Gesellschafter finden, ist – wird die Initiative umgesetzt – abzuwarten.

Potenziale klassischer Rechtsformen nutzen

Bereits heute sind Gesellschafter nicht gehindert, die wesentlichen Elemente der GmbH-gebV in bestehenden Rechtsformen zu verwirklichen. Die Gesellschafter können beschließen und in der Satzung festhalten, auf Ausschüttungen zu verzichten, den Gewinn in das Unternehmen zu reinvestieren, Mitarbeiter zu beteiligen oder Gewinne gemeinnützigen oder anderen nachhaltigen Zwecken zu kommen zu lassen. Wenn die Änderung dieser Satzungsregelung einer einstimmigen Entscheidung der Gesellschafter unterworfen ist, ergeben sich faktisch entsprechende Bindungswirkung. Durch die Gründung einer Stiftung bürgerlichen Rechts lässt sich die Entkopplung von Anteilseignern und die Idee der treuhänderischen Unternehmensführung erreichen.

Steuerliche Vorteile

Die Vermögensbindung wiederum hat aber einen steuerlichen Vorteil: Das in der GmbH-gebV entstehende Vermögen wird dauerhaft der Schenkungs- und Erbschaftsteuer entzogen, weil sich diese Steuer bei einem Anteilsübergang nur an der geleisteten Einlage orientiert. Dies trifft aber nur auf die Übertragung der Gesellschaftsanteile zu. Sonstige Zuwendungen aus dem Vermögen der Gesellschaft unterliegen grundsätzlich der Schenkungs- und Erbschaftsteuer. Zudem ist zu bedenken, dass auch für die Erben die Vermögensbindung fort gilt.

Auch nach der ersten Überarbeitungsrunde des Gesetzesentwurfs trägt die Idee einer GmbH-gebV. Die Initiative sollte die Kritikpunkte jedoch ernst nehmen und den Gesetzesentwurf weiter fortentwickeln.

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