Steuerliche Folgen beim Ausfall von Forderungen an Konzerngesellschaften im Ausland

icon arrow down white

Bei Unternehmensstrukturen mit Konzerngesellschaften im Ausland stellt sich vielfach die Frage, ob die Finanzierung der Konzerngesellschaften untereinander und insbesondere die Darlehensvergabe einer inländischen Muttergesellschaft an die ausländischen Töchter steuerlich sinnvoll gestaltet wurde. Die damit verbundene Problematik tritt spätestens dann zu Tage, wenn die Forderung der deutschen Muttergesellschaft gegen ihre Tochtergesellschaft mangels Liquidität nicht mehr beglichen werden kann. In der gegenwärtig wirtschaftlich unübersichtlichen Zeit trifft dies besonders oft auf Forderungen an Gesellschaften in Osteuropa zu.

Konsequenzen für die inländische Muttergesellschaft laut BFH-Urteil

Aus steuerrechtlicher Sicht stellt sich dann die Frage, ob eine Besicherung des Darlehens erfolgt ist und wenn nicht, ob dies eventuell durch einen erhöhten Zinssatz für das Darlehen ausgeglichen wurde. Auf diese beiden Bedingungen des  Darlehens an verbundene Unternehmen wendet die Finanzverwaltung dann § 1 Abs. 1 Außensteuergesetz (AStG) an. Welche Folgen dies für die inländische Muttergesellschaft hat, geht aus einem kürzlich veröffentlichten Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH vom 13. Januar 2022, Az. I R 15/21) hervor. Das Urteil erhält seine besondere Bedeutung dadurch, dass das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in dieser Angelegenheit wegen einer Verfassungsbeschwerde des klagenden Unternehmens ein vorangegangenes Urteil des BFH in dieser Sache aufgehoben hatte (Beschluss vom 4. März 2021, Az. 2 BvR 1161/19) und mit seiner Rechtsauffassung versehen dem BFH zur erneuten Entscheidung zurückgegeben hat. Der BFH musste daher auch die Rechtsauffassung des BVerfG und auf dessen Hinweise hin auch die bisherige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) bei seiner erneuten Entscheidung berücksichtigen. Danach kam er in seinem Urteil vom 13. Januar 2022 zu folgenden Aussagen:

  • Eine nicht vorhandene Darlehensbesicherung gehört zu den Bedingungen i. S. d. § 1 Abs. 1 AStG. Das kann im Rahmen der Beurteilung des gesamten Darlehens (u. a. Laufzeit, Verzinsung, Bonität der Tochtergesellschaft, evtl. vereinbarter Rangrücktritt) dazu führen, dass insgesamt fremdunübliche Bedingungen vereinbart wurden.
  • Ist das insgesamt der Fall, dann muss bei einer fehlenden Besicherung zunächst beurteilt werden, ob eine Erhöhung des Zinssatzes das Risiko der fehlenden Besicherung ausgleicht und damit die Fremdüblichkeit wieder herstellt. Zu niedrige Zinsen werden dann über eine Hinzurechnung zum Gewinn der Muttergesellschaft nach § 1 Abs. 1 AStG ausgeglichen.
  • Bei der Beurteilung, ob die Gewährung des Darlehens unter fremdüblichen Bedingungen erfolgte, kann nicht unmittelbar auf tatsächlich der Muttergesellschaft von Dritten (z. B. Banken) gewährte Darlehen als Vergleichsmaßstab zurückgegriffen werden. Die jeweilige Konzerngesellschaft ist insofern für sich allein hinsichtlich ihrer Bonität zu beurteilen.

Das Ergebnis dieses umfänglichen Fremdvergleichs kann aber auch darin bestehen, dass das gesamte Darlehensverhältnis nicht anerkannt werden kann und dies auch durch eine Zinserhöhung nicht korrigierbar ist. Damit wäre die Geldzuführung an die Tochtergesellschaft bei ihr und der Muttergesellschaft als Kapitaleinlage zu würdigen. Dann muss eine erfolgswirksame Abschreibung des handelsrechtlichen Darlehens (Teilwertabschreibung) steuerlich durch eine Hinzurechnung der Abschreibung korrigiert werden.

Rechtsauffassung des EuGH noch unklar

Ob diese Rechtsauffassung der deutschen Gerichte auch vom EuGH geteilt wird, kann zurzeit noch nicht beurteilt werden, da dem BFH eine Vorlage an das europäische Gericht nicht möglich war. Die Angelegenheit ist von ihm wieder an das Finanzgericht (FG) zurückverwiesen worden, da nur dieses Gericht eine noch erforderliche Aufklärung des genauen Sachverhalts vornehmen kann. Erst wenn das Finanzgericht eine Hinzurechnung nach § 1 Abs. 1 AStG vornimmt, könnte der BFH im dann bereits 3. Versuch die Hinzurechnung beurteilen und davor den EuGH anrufen und anfragen, ob dieser einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit gem. Art. 49 AEUV in dieser Gewinnerhöhung sieht.

Ein Hinweis für Unternehmen, die sich gegen grenzüberschreitende Besteuerungen wehren wollen: Der hier strittige Sachverhalt stammt aus dem Jahr 2005, das Urteil im Ausgangsverfahren fällte das FG Düsseldorf im November 2015. Jetzt liegt der Fall dort wieder zur Entscheidung. Ein Urteil ist frühestens im nächsten Jahr zu erwarten. Dagegen kann bei „Nichtgefallen" des Urteils wieder der BFH angerufen werden (dann 3. Rechtszug, s. o.).

 

Über das Symbol diesen Artikel weiterempfehlen

Dazu passende Artikel

  • Jahressteuergesetz 2024: Erster Entwurf liegt vor

  • Wachstumschancengesetz: Änderungen für gemeinnützige Organisationen

  • Das Wachstumschancengesetz im Überblick

  • Einlagenrückgewähr in Outbound-Konstellationen