Stay on Board – Die haftungsfreie Auszeit von Organmitgliedern

Wie der Gesetzgeber die Vereinbarkeit von Familienplanung und leitender Stellung in Gesellschaften sicherstellen möchte

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Der Bundestag hat am 11. Juni 2021 das Gesetz zur Ergänzung und Änderung der Regelungen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst („FüPoG II") angenommen. Neben der bereits in unserem Newsletter (Artikel vom 6. April 2021) beschriebenen Frauenquote für Vorstände und der besonderen Begründungspflicht, wenn Unternehmen den Vorstand, die beiden obersten Führungsebenen unterhalb des Vorstands und den Aufsichtsrat ohne Frauenanteil planen, wurde das Gesetz nun durch eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ergänzt.

Bislang haben Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer keine Möglichkeit, ihre Bestellung für die Elternzeit oder die Zeit des Mutterschutzes ruhen zu lassen. Wollen sie während ihrer Abwesenheit nicht haften, ist lediglich eine Niederlegung des Mandats ohne zukünftige zugesicherte Wiederbestellung möglich. Dies soll sich mit dem neu vom Bundestag beschlossenen FüPoG II ändern.

Das FüPoG II führt das Recht für Geschäftsführer einer GmbH, Vorstandsmitglieder einer AG und geschäftsführende Direktoren einer SE ein, ihr Mandat im Rahmen des Mutterschutzes, der Elternzeit, der Pflege eines pflegebedürftigen Familienangehörigen oder im Fall von Krankheit ruhen zu lassen. Hierzu können sie den Widerruf ihrer Bestellung verbunden mit dem Recht auf Wiederbestellung ersuchen, wenn sie wegen einem der angegebenen Gründe ihren mit ihrer Bestellung verbundenen Pflichten vorübergehend nicht nachkommen können. Der Widerruf hat zur Folge, dass die Organpflichten in dem maßgeblichen Zeitraum nicht greifen und demzufolge für den Zeitraum auch kein Haftungsrisiko droht. Das Schicksal des Anstellungsvertrags hängt vom Einzelfall ab. In der Zukunft kann es ratsam sein, für diesen Fall Regelungen zu treffen.

Dabei gilt im Fall des Mutterschutzes, dass die Wiederbestellung nach Ablauf des Zeitraums der im Mutterschutzgesetz genannten Schutzfristen zugesichert wird. In den anderen vom Gesetz genannten Fällen wird sie nach einem Zeitraum von bis zu drei Monaten entsprechend dem Verlangen des Organmitglieds zugesichert. Anders als in den Fällen des Widerrufs wegen Mutterschutzes kann in diesen Fällen bei Vorliegen eines wichtigen Grundes aber von dem Widerruf der Bestellung abgesehen werden. Die Wiederbestellung darf – ohne Anspruch der Organmitglieder - bis zu einer Höchstfrist von bis zu zwölf Monaten zugesichert werden.

Voraussetzung des Widerrufes der Bestellung ist dabei in allen Fällen, dass mindestens ein weiteres Mitglied im Leitungsorgan der Gesellschaft verbleibt.

Bei Vorstandsmitgliedern (und geschäftsführenden Direktoren einer SE) ist darüber hinaus zu beachten, dass das vorgesehene Ende der Amtszeit unberührt bleibt. Die Amtszeit wird durch den Widerruf nicht verlängert. Gleichzeitig ist der Widerruf im Hinblick auf gesetzliche oder in der Satzung festgelegte Vorgaben für die Zahl von Vorstandsmitgliedern bzw. geschäftsführenden Direktoren nach dem FüPoG II unbeachtlich.

Mit dem FüPoG II wird es den Organmitgliedern in der Geschäftsführung ermöglicht, sich temporär ausschließlich familiären Belangen zu widmen und damit die Vereinbarkeit von Familie und Organtätigkeit verbessert.

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