Rechtwidrig, aber Kult – die Sitzbezüge des Berliner ÖPNV

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Sie waren ja sicherlich einmal in Berlin. Dann kennen Sie bestimmt das berühmte Würmchen-Muster der Sitzbezüge in Bus und Bahn. Der „Urban Jungle", wie das Muster offiziell heißt, ist Kult. Erstaunlicherweise aber nicht, weil es besonders ansprechend ist. Ganz im Gegenteil. Das Würmchen-Muster, das von Berlinern auch liebevoll als „Berliner Burberry" bezeichnet wird, hat es in die Sammlung der hässlichsten Sitzmuster der Welt geschafft („Sitzmuster des Todes").

Dennoch – oder gerade deswegen – genießt das Muster nach Ansicht des LG Hamburg (Urt. v. 09.11.2021, Az. 310 O 44/19) als sogenanntes „Werk der angewandten Kunst" Urheberrechtsschutz. Diesen habe die BVG verletzt, weil sie ohne Zustimmung des Designers das Muster für die Sitzbezüge verwendete und sogar Merchandise-Produkte – darunter auch einen Sportschuh von adidas – verkaufte.

Die BVG sah sich zur Nutzung des Musters auch ohne Zustimmung des Designers berechtigt. Dieser sei nämlich damit einverstanden gewesen, dass die BVG Druckwalzen anschaffe, um Stoffbahnen mit dem Muster für die Sitzbezüge herstellen zu können. Mit dieser Argumentation blieb die BVG aber weitestgehend erfolglos. Nach Ansicht der Hamburger Richter sei von einem konkludenten Nutzungsrecht nur die Verwendung des Musters in S-Bahnen, aber nicht auch in U-Bahnen oder auf Merchandise-Produkten umfasst gewesen.

Obwohl sich die BVG gegen das Urteil aus Hamburg in der nächsten Instanz weiter verteidigen will, wird sich das berühmte Würmchen-Muster in naher Zukunft aus dem Berliner Großstadtdschungel verabschieden. Bereits bevor der Rechtsstreit rund um die Urheberrechtsverletzung bekannt wurde, kündigte die BVG an, das Muster der Sitzbezüge auswechseln zu wollen. Nachdem schon das schiefe Brandenburger Tor korrigiert wurde, naht so das Ende des zweiten Kultmerkmals der BVG.

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