Änderung des Bewertungsgesetzes. Für die Erbschaft- und Schenkungsteuer drohen höhere Werte für Immobilien

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Mit dem Jahressteuergesetz 2022 („JStG 2022") soll auch eine Anpassung des Bewertungsgesetzes erfolgen. Konkret ist vorgesehen, die Regelungen zur Bewertung von Immobilien anzupassen. Dabei sollen die bestehenden Regelungen der Grundbesitzbewertung an die Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) vom 14. Juli 2021 (BGBl. I S. 2805) angepasst werden. Mit dieser Gesetzesänderung werden auch die Bewertungsverfahren geändert. In Einzelfällen können die Änderungen dazu führen, dass der Wert von Immobilien für erbschaft- bzw. schenkungsteuerliche Zwecke deutlich steigt, d. h. die Immobilien zukünftig mit einem höheren Wert angesetzt werden als nach den derzeit geltenden Regelungen. Soweit möglich, sollen bereits geplante unentgeltliche Übertragungen noch vor dieser gesetzlichen Anpassung umgesetzt werden. Die Änderungen des Bewertungsgesetzes sollen nach Verkündung des Gesetzes für alle Übertragungen nach dem 31. Dezember 2022 in Kraft treten.

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hatte bereits im Sommer dieses Jahres den Referentenentwurf für ein JStG 2022 vorgelegt, nunmehr liegt der im Kabinett abgestimmte Regierungsentwurf vor. Das Jahressteuergesetz soll den in verschiedenen Bereichen des deutschen Steuerrechts fachlich notwendigen Gesetzgebungsbedarf umsetzen. Dabei sieht der Gesetzesentwurf u. a. Änderungen hinsichtlich der sog. Homeofficepauschale sowie den Aufwendungen für Arbeitszimmer und steuerliche Erleichterungen für bestimmte Photovoltaikanlagen vor. Darüber hinaus ist z. B. eine weitgehende Abschaffung der Steuerpflicht für sogenannte Registerfälle für die Zukunft sowie Abschaffung der Steuerpflicht der Registerfälle für Drittlizenzen durch Anpassung des § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG (Zufluss nach 31. Dezember 2022), eine Anhebung des linearen AfA-Satzes für die Abschreibung von Wohngebäuden auf 3 % (§ 7 Abs. 4 Nr. 2c EStG-E), ein vollständiger Sonderausgabenabzug für Altersvorsorgeaufwendungen ab 2023 (§ 10 Abs. 3 Satz 6 EStG-E) und auch eine Erhöhung des Sparer-Pauschbetrags von derzeit EUR 801 auf EUR 1.000 bzw. EUR 1.602 auf EUR 2.000 im Falle der Zusammenveranlagung ab dem 1. Januar 2023 vorgesehen.

Änderungen der Bewertung von Immobilien bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer

Werden Immobilien unentgeltlich (z. B. durch Schenkung, Erwerb von Todes wegen oder Vermächtnis) übertragen, müssen diese bewertet werden, damit die Höhe der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer ermittelt werden kann. Dies kann auch dann gelten, wenn diese Immobilien zum Betriebsvermögen von Gesellschaften gehören (z. B. zur Ermittlung des Substanzwertes des Unternehmens). Diese Bewertung der Immobilien richtet sich nach den Regelungen im Bewertungsgesetz (§§ 177 ff. BewG). Dieses sieht für die Grundstücksarten (unbebaute Grundstücke, bebaute Grundstücke) unterschiedliche Bewertungsverfahren vor (Vergleichs-, Ertrags- und Sachwertverfahren). Diese Regelungen sollen nunmehr geändert werden. Ziel ist die Anpassung der Vorschriften der Grundbesitzbewertung an die Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) vom 14. Juli 2021 (BGBl. I S. 2805). Damit wurden die Regelungen zur Verkehrswertermittlung an die Entwicklungen in diesem Gebiet angepasst. Ziel der ImmoWertV ist, dass im Interesse der Verwertbarkeit der von den Gutachterausschüssen ermittelten und den Finanzämtern mitzuteilenden Daten bei der steuerlichen Bewertung einheitliche Grundsätze bei Ermittlung der für die Wertermittlung erforderlichen Daten angewendet werden.

Vorgesehen sind u. a. Änderungen für die Anwendung beim Ertragswertverfahren. Konkret sind hier Änderungen bei der Ermittlung der Bewirtschaftungskosten und der Höhe des Liegenschaftszinssatzes vorgesehen. Die bisherige pauschale Wertermittlung der Bewirtschaftungskosten auf Basis eines Prozentsatzes der Jahresmiete soll aufgegeben werden. Zudem sollen die pauschalen Liegenschaftszinssätze herabgesetzt werden, was zu höheren Werten führt, wenn die Gutachterausschüsse keine Zinssätze zur Verfügung stellen. Bei Anwendung des Sachwertverfahrens wird die bisherige Ermittlung des Gebäudesachwerts aufwendiger. Hier soll nunmehr auch ein Regionalfaktor sowie Alterswertminderungsfaktor aufgenommen werden. Außerdem ist eine Erhöhung der Wertzahlen vorgesehen, was ebenfalls zu höheren Immobilienwerten führen wird. Zudem wird die Gesamtnutzungsdauer für bestimmte Gebäudearten (insbesondere für „Ein- und Zweifamilienhäuser", „Mietwohngrundstücke", „Wohnungseigentum") von 70 auf 80 Jahre (Anlage 22-neu) verlängert, auch dies würde zu höheren Werten führen. Darüber hinaus sieht der Entwurf eine umfassende Änderung der Bewertung in Erbbaurechtsfällen vor.

Auswirkungen auf die Praxis: Regelungen führen zu höheren Werten

Die Gesetzesänderungen werden die Regelungen zur Bewertung von Immobilien verändern. Es ist davon auszugehen, dass die neuen Regelungen zu höheren Werten führen, d. h. die Immobilen bei Schenkung, Erwerb von Todes wegen oder im Falle eines Vermächtnisses mit einem höheren Wert anzusetzen sind als nach den jetzigen Regelungen, insbesondere wenn die Gutachterausschüsse nicht selbst die Liegenschaftszinssätze zur Verfügung stellen, aber auch durch die weiteren Änderungen (z. B. Verlängerung der Gesamtnutzungsdauer, Einführung eines Regionalfaktors oder Erhöhung der Wertzahlen). Dies bedeutet, dass sich aus der unentgeltlichen Übertragung des Grundbesitzes höhere Steuerbelastungen ergeben könnten, soweit für die Übertragung des Vermögens keine andere Steuerbefreiung greift (z. B. für Wohnungsunternehmen oder die persönlichen Freibeträge überschritten werden). Zudem ist es denkbar, dass durch die höheren Werte früher die Grenze zu einem sogenannten Großerwerb von begünstigtem Vermögen überschritten wird. Es kann daher sinnvoll sein, geplante Übertragungen noch vor Inkrafttreten des Gesetzes umzusetzen. Über den weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens werden wir sie informieren.

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