Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz: Was Unternehmen jetzt wissen müssen

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Am 1. Juli 2021 trat das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG) – mit Ausnahme vereinzelter Regelungen, die erst ab dem 1. Januar 2022 gelten – in Kraft. Das FISG ist die unmittelbare Antwort des Gesetzgebers auf den „Wirecard-Skandal" und zielt im Wesentlichen auf die Stärkung des Vertrauens der Anleger in den deutschen Kapitalmarkt ab. Änderungen ergeben sich u. a. in den Bereichen der Corporate Governance, der Abschlussprüfung und des Enforcement-Verfahrens. Insbesondere die Änderungen in den ersten beiden Bereichen wirken sich unmittelbar auf börsennotierte Unternehmen bzw. auf „Unternehmen im öffentlichen Interesse" – wozu kapitalmarktorientierte Gesellschaften, Versicherungsunternehmen und grundsätzlich CRR-Kreditinstitute zählen – aus und sollen im Folgenden kurz dargestellt werden.

1. Corporate Governance

Bislang lag es grundsätzlich im Ermessen börsennotierter Aktiengesellschaften, „ob" und „wie" sie Kontrollsysteme einrichten. Auch wenn solche Systeme schon als Bestandteil einer guten Unternehmungsführung galten und der Deutsche Corporate Governance Kodex eine dahingehende Empfehlung vorsieht, so bestand bislang mit Ausnahme branchenspezifischer Besonderheiten keine solche gesetzliche Verpflichtung. Seit dem 1. Juli 2021 besteht nunmehr eine Pflicht zur Einrichtung („ob") eines internen Kontrollsystems (IKS) und eines Risikomanagementsystems (RMS). Hinsichtlich der Ausgestaltung („wie") steht der Gesellschaft weiterhin ein Ermessen zu. Wann die Summe der ergriffenen Maßnahmen einem den Anforderungen entsprechenden „System" gerecht wird, hängt dabei vom Einzelfall ab.

Bei Unternehmen im öffentlichen Interesse muss zukünftig mindestens ein Mitglied des Aufsichtsrates über Sachverstand auf dem Gebiet der Rechnungslegung und (zuvor „oder") mindestens ein weiteres Mitglied des Aufsichtsrates über Sachverstand auf dem Gebiet der Abschlussprüfung verfügen. Anders als bislang besteht somit keine Alternative mehr zwischen den Kompetenzanforderungen. Diese Pflicht gilt jedoch nicht für vor dem 1. Juli 2021 bestellte Mitglieder des Aufsichtsrates. Die neuen Vorgaben sind erst bei der nächsten Bestellung und damit in der Regel bei der nächsten turnusmäßigen Wahl zu berücksichtigen.

Unternehmen im öffentlichen Interesse sind darüber hinaus ab dem 1. Januar 2022 verpflichtet, einen Prüfungsausschuss einzurichten. Besteht der Aufsichtsrat nur aus drei Mitgliedern, ist dieser auch der Prüfungsausschuss. Der Ausschuss hat über die Auswahl und die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers sowie über die Qualität der Abschlussprüfung selbst zu wachen. Mitgliedern dieses Ausschusses wird hierzu ein umfangreiches Auskunftsrecht gegenüber den Leitern der jeweiligen Zentralbereiche eingeräumt. Die zuvor genannten Kompetenzanforderungen an den Sachverstand müssen auch im Ausschuss erfüllt werden. Dieses gilt jedoch nicht für Aufsichtsratsmitglieder, die vor dem 1. Juli 2021 bestellt worden sind.

2. Abschlussprüfung

Hinsichtlich der Abschlussprüfung ergeben sich für Unternehmen vor allem Änderungen im Bereich der Rotationspflichten. Mandate zur Abschlussprüfung bei kapitalmarktorientierten Gesellschaften dürfen nunmehr eine Laufzeit von zehn Jahren nicht mehr überschreiten. Eine Verlängerung dieser Frist ist seit dem 1. Juli 2021 grundsätzlich nicht mehr zulässig.

Um die Unabhängigkeit der Abschlussprüfer zu stärken und um Interessenkonflikte zu vermeiden, ist zudem zukünftig eine Trennung von (Steuer-)Beratung und Abschlussprüfung vorgesehen. Diese Trennung gilt für Abschlussprüfungen bezogen auf nach dem 1. Januar 2022 beginnende Geschäftsjahre.

Schließlich stellt künftig die vorsätzliche wie auch die fahrlässige unrichtige Versicherung, dass durch den Abschluss und den (Konzern-)Lagebericht ein zutreffendes Bild von der Lage des Unternehmens vermittelt wird, für Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs oder des Aufsichtsrates einer Kapitalgesellschaft einen eigenständigen Straftatbestand dar.

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