Erbschaftsteuer auf kanadische Grundstücke und mögliche Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit

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Kanada ist seit vielen Jahrzehnten ein beliebtes Investitionsland für Immobilien. Sowohl von institutionellen Anlegern (z.B. Bayerische Ärzteversorgung) als auch von einzelnen Investoren und von Fonds aus Deutschland werden seit mehr als 40 Jahren Grundstücke mit vermieteten Gebäuden in Kanada für eine konservative und solide Kapitalanlage erworben und gehalten. Dies ist auch von Deutschland aus ohne einen großen Aufwand und zuverlässig möglich.

Die Immobilienpreise sind auch dort, genau wie in Deutschland, in den letzten Jahren enorm angestiegen. Von 1995 bis heute im Durchschnitt des ganzen Landes um rund 290 %. Das ist nur ein Durchschnittswert, d.h. in beliebten und gefragten Anlagestandorten wie z. B. Montreal oder Vancouver sind auch deutlich höhere Steigerungsraten zu verzeichnen.
Für Investoren haben diese Preissteigerungen zwar bei einem Verkauf durchaus Vorteile, aber wenn die Anlage generationenübergreifend langfristig geplant ist, dann fallen bei einem Übergang in die nächste oder sogar übernächste Generation erhebliche steuerliche Belastungen an. Da hilft es auch nur wenig, dass es in Kanada seit 1971 keine Erbschaftsteuer und auch keine Schenkungsteuer mehr gibt. Stattdessen werden die Schenkung und auch der Übergang im Erbfall als fiktive Veräußerung angesehen und es fällt dafür Einkommensteuer an. Diese kann in Abhängigkeit von der Besitzdauer der Immobilie beim jeweiligen Eigentümer durchaus 25 % der Differenz zwischen Ankaufspreis und Verkehrswert bei der Übertragung erreichen. Diese Schenkung oder der Erbanfall unterliegt aber auch in Deutschland der Schenkung- bzw. Erbschaftsteuer. Eine Anrechnung der kanadischen Einkommensteuer ist darauf nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) nicht möglich. Die Steuer wird gem. § 12 ErbStG i. V. m. § 31 BewG auf den gemeinen Wert (= Verkehrswert) des Grundstücks erhoben. Dabei wird allerdings der für inländische Grundstücke und Grundstücke im EU/EWR-Gebiet vorgesehene Abschlag von 10 % bei vermieteten Wohngebäuden nicht gewährt (§ 13d Abs. 3 ErbStG).

Diese gesetzliche Regelung entspricht aber nach Auffassung des Finanzgerichts (FG) Köln nicht dem EU-Recht. Das Gericht hat daher einen entsprechenden Fall mit dem Übergang von Anteilen an mehreren Vermietungsobjekten dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Entscheidung vorgelegt. Der EuGH muss nunmehr entscheiden, ob durch die Regelung im deutschen ErbStG die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) verletzt wird. Nach dieser Vorschrift darf der freie Kapitalverkehr zwischen einem Mitgliedsstaat und einem anderen Mitgliedsstaat inklusive eines EWR-Landes und sogar eines Drittlandes nicht durch eine Schlechterstellung eines Investitionsstandortes durch einen der Staaten behindert werden. Diese Regelung ist weit auszulegen und hat schon in vielen Fällen zu einem Verbot von nach Auffassung des EuGH nachteiligen Regelungen in unterschiedlichen Mitgliedsstaaten geführt. Auch Deutschland hat nach Entscheidungen des EuGH bereits einige steuerliche Regelungen ändern müssen. Von dieser Regelung kann es zwar gerechtfertigte Ausnahmen geben, dafür sind aber sehr hohe Hürden aufgestellt worden. Es bleibt daher abzuwarten, ob auch in diesem Fall der EuGH zu Gunsten der deutschen Erben bzw. Beschenkten entscheidet (Az. EuGH, RS C – 670/21). In vergleichbaren Fällen - auch bei Belegenheit der Grundstücke in anderen Staaten – sollten die entsprechenden Steuerbescheide offengehalten werden, bis in diesem Fall eine Entscheidung getroffen wurde.

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