Eine Lotsenmütze macht noch keinen echten Seemann. Warum Käpt’n Iglo unterlag.

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Der Fischstäbchenhersteller Iglo ist mit einer Klage gegen die Verwendung einer Werbefigur in maritimem Look und Küstenumgebung vor dem Landgericht München I gescheitert (LG München I, Urteil vom 3. Dezember 2020, Az. 17 HK O 5744/20).

Konkret ging es in der Auseinandersetzung um die Werbung des Konkurrenten Appel Feinkost mit einem bärtigen, älteren Herrn im edlen Anzug mit Schiffermütze und Seidenschal, der vor der Küste Cuxhavens Dosenfisch verspeist. Iglo warf dem auf Fischkonserven spezialisierten Unternehmen vor, sich damit unlauter an ihrem maritimen Werbekonzept bedient und die populäre Figur des Käpt'n Iglo nachgeahmt zu haben. Appel mache sich unerlaubt den guten Ruf der Iglo-Produkte zunutze und stifte Verwirrung bei den Verbrauchern. Denn diese würden die Werbefiguren verwechseln und die Produkte von Appel irrtümlich Iglo zuordnen.

Appel verteidigte die Werbung mit dem Hinweis auf die deutlichen Unterschiede zwischen den Werbefiguren und die Freihaltebedürftigkeit von allgemeinen Werbemitteln. Die eigene Werbefigur sei erkennbar kein Seemann, sondern ein „Best Ager" im edlen Outfit. Iglo könne gemeinfreie Merkmale wie Meer, Hafen, Schiff und Himmel nicht für sich monopolisieren.

Landgericht sieht klaren Unterschied zwischen Gentleman und Kapitän

Die Münchener Richter gaben Appel Recht. Hierfür fanden sie auch ohne Vorliebe für Sturm und salziges Wasser gute Gründe. Sie verneinten die Verwechslungsgefahr mit Verweis auf die deutlichen Unterschiede zwischen den Werbemaßnahmen. Anders als Käpt'n Iglo trage der Protagonist der Appel-Werbung keinen weißen Rollkragenpullover unter blauer Uniform, sondern einen gepflegten Dreireiher mit karierter Weste und Seidenschal. Dass er am Meer eine in Norddeutschland nicht untypische Elblotsen-Mütze – also gerade keine Kapitänsmütze – aufhabe, mache ihn nicht zum Seemann. Kurzum: Werbung mit gut aussehenden Männern im etwas reiferen Alter könne nicht per se untersagt werden, da sich solche „Best Ager" im Marketing nämlich großer Beliebtheit erfreuten.

Zur maritimen Kulisse der Werbung führte das Gericht aus, dass diese für das in Cuxhaven ansässige Unternehmen Appel naheliegend sei. Sie sei im Übrigen mit bedecktem Himmel und Leuchtturm auch anders inszeniert als in der Darstellung von Iglo. Schließlich sei eine Verbrauchertäuschung auch deshalb ausgeschlossen, weil Appel in der Kampagne deutlich wahrnehmbar den eigenen Firmennamen einblende.

Fazit

Das Urteil verdeutlicht, dass der wettbewerbliche Nachahmungsschutz auch bei bekannten Werbefiguren nicht grenzenlos ist. Die Konkurrenz kann nicht an der Verwendung allgemeiner werblicher Gestaltungsmittel oder naheliegender Motive – wie eben Küstenbilder für Fischprodukte – gehindert werden. Gewisse Übereinstimmungen und Ähnlichkeiten sind hinzunehmen, solange die Werbung einen anderen Gesamteindruck beim Verbraucher hervorruft. Dabei kann bereits der feine Unterschied zwischen Elblotsen- und Kapitänsmütze den Ausschlag geben.

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