Der Kunde zahlt nicht?

Maßnahmen zum Schutz vor Forderungsausfällen und Insolvenzanfechtung

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Lässt ein wichtiger Kunde Rechnungen lange unbeglichen oder kommt es infolge der Insolvenz des Geschäftspartners zu einem Forderungsausfall, kann dies auch die Liquidität eines gesunden Unternehmens erheblich beeinträchtigen. Es ist daher ratsam, rechtzeitig Maßnahmen zum Schutz vor den wirtschaftlichen Folgen zu ergreifen. Dabei ist auch das Risiko der Insolvenzanfechtung in den Blick zu nehmen, welche dazu führen kann, dass bereits erhaltene Zahlungen zurückgezahlt werden müssen.

I. Schutz vor Forderungsausfällen

Zum Schutz vor Forderungsausfällen ist zunächst das regelmäßige Monitoring der wesentlichen Geschäftspartner zu empfehlen, z. B. durch Sichtung von Jahresabschlüssen (etwa über www.unternehmensregister.de) und Einholung von Bonitätsauskünften. Diese können Rückschlüsse auf wirtschaftliche Schwierigkeiten zulassen und es so ermöglichen, auf etwaig resultierende Zahlungsschwierigkeiten frühzeitig reagieren zu können. Außenstände eines Kunden sollten im Blick behalten und offene Forderungen konsequent eingezogen werden, um das Ausfallrisiko zu begrenzen. Zahlungsziele sollten je nach Einschätzung des Ausfallrisikos angepasst werden. Bei Anhaltspunkten für eine ernsthafte Liquiditätskrise ist es ratsam, auf Vorkasse umzustellen – auch im Hinblick auf das Insolvenzanfechtungsrisiko.

Auch in den eigenen AGB können schützende Regelungen verankert werden, z. B. zu Tilgungsreihenfolge, Rechten bei Zahlungsverzug und Sicherheiten. Bei Lieferbeziehungen ist etwa an einen verlängerten Eigentumsvorbehalt mit Verarbeitungsklausel zu denken. Kontraproduktiv ist allerdings der häufig in AGB geregelte erweiterte Eigentumsvorbehalt, also das Erstrecken des Eigentumsvorbehalts auf alle offenen Forderungen, da er das Insolvenzanfechtungsrisiko deutlich erhöht.

Als Sicherheiten für Forderungen kommen insbesondere Drittsicherheiten wie Warenkreditversicherungen oder Bankbürgschaften in Betracht. Auch Sicherheiten am Vermögen des Geschäftspartners sind denkbar, werden aber oftmals aufgrund bereits bestehender Sicherheiten von finanzierenden Banken nicht zur Verfügung stehen. Wichtig ist, die Stellung von Sicherheiten des Geschäftspartners frühzeitig (nicht erst nach Eintritt der Krise) zu vereinbaren.

II. Verringerung des Insolvenzanfechtungsrisikos

Auch wenn die eigenen Forderungen letztlich beglichen wurden, ist das Insolvenzanfechtungsrisiko im Fall der späteren Insolvenz des Geschäftspartners nicht zu vernachlässigen. Das deutsche Insolvenzrecht kennt verschiedene Anfechtungsgründe mit jeweils unterschiedlichen Anfechtungszeiträumen. Besonders durch die sog. Vorsatzanfechtung kann es schnell zu hohen Rückforderungen kommen. Dies gilt ungeachtet der kürzlich erfolgten Verschärfung der Anforderungen an die Vorsatzanfechtung durch den Bundesgerichtshof.

Hierzu das folgende Beispiel: Ein Unternehmen befriedigt im Stadium der Zahlungsunfähigkeit wichtige Lieferanten und nimmt dabei in Kauf, dass andere Gläubiger „leer ausgehen". Kennt der Lieferant diese Umstände, kann der Insolvenzverwalter des Unternehmens später die Zahlungen von dem Lieferanten unter Umständen zurückverlangen. Das Anfechtungsrisiko betrifft alle Zahlungen des Kunden in dem Zeitraum von bis zu vier (!) Jahren vor dessen Insolvenzantragstellung. Geltend gemacht werden kann der Anspruch noch bis zum Ende des dritten Jahres nach der Insolvenzeröffnung. Dem Lieferanten bleibt dann nur, seine Forderung zur Insolvenztabelle anzumelden, ohne die erbrachten Lieferungen zurückzuerhalten.

Für den Nachweis der subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung hat die Rechtsprechung eine Vielzahl von Indizien entwickelt, allen voran ein zunehmend schlechtes Zahlungsverhalten und das Eingestehen von Liquiditätsschwierigkeiten durch den Geschäftspartner. Weitere Indizien sind nicht eingehaltene Ratenzahlungsvereinbarungen oder die Androhung von Liefereinstellungen oder Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durch den Lieferanten. Die zuständigen Mitarbeiter sollten für entsprechende Indizien sensibilisiert werden, um frühzeitig Maßnahmen ergreifen zu können, die sowohl das Forderungsausfallrisko als auch das spätere Insolvenzanfechtungsrisiko begrenzen.

In der Praxis werten Insolvenzverwalter oftmals die Korrespondenz des Insolvenzschuldners aus, um hieraus Rückschlüsse auf mögliche Anfechtungsansprüche ziehen zu können. Sind entsprechende Indizien etwa durch die E-Mail-Korrespondenz mit dem Geschäftspartner dokumentiert, besteht ein erhebliches Risiko für eine spätere Insolvenzanfechtung.

Um das Risiko der Insolvenzanfechtung zu verringern, gibt es eine Vielzahl wirksamer Maßnahmen, die im Einzelfall geprüft werden sollten. Hier einige wichtige Beispiele:

Neben der Vermeidung hoher Außenstände ist es bei Zweifeln an der Zahlungsfähigkeit des Geschäftspartners ratsam, auf Vorkasse umzustellen oder Zahlungsfristen so kurz zu bemessen, dass Zahlungen innerhalb von 30 Tagen nach Leistungserbringung tatsächlich erfolgen. Dann greift in der Regel das sog. Bargeschäftsprivileg, das eine Anfechtung ausschließt. Sollten mehrere Rechnungen offen sein, sollte der Kunde zuerst zur Zahlung der jüngeren Rechnungen angehalten werden. Auch die oben genannte Optimierung der AGB kann in diesem Zusammenhang hilfreich sein.

Sprechen Sie uns gern an, wenn wir Sie im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Krise oder gar Insolvenz eines Geschäftspartners unterstützen können oder Sie weitere Fragen haben.

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