Bewertung von Miteigentumsanteilen an Grundstücken – Abschlag nach § 198 BewG möglich

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Das FG Münster hat entschieden, dass der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts auch darüber geführt werden kann, dass der Wert des Miteigentumsanteils niedriger ist als der entsprechende rechnerische Bruchteil des Werts des Volleigentums. Dies ist aus Sicht der Praxis sehr erfreulich und wird der BFH hoffentlich bestätigen.

Sachverhalt und Verfahrenslauf

Dem Urteil des FG Münster vom 24. November 2022 (3 K 1201/21 F) lag vereinfacht folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Kläger erwarb als Vermächtnis einen Miteigentumsanteil von 50 % an einer Immobilie, für die ein gemeiner Wert von EUR 150.000 ermittelt wurde. Das Finanzamt setzte daraufhin den Wert des Miteigentumsanteils auf EUR 75.000 fest, also genau der Hälfte des Werts der Immobilie, entsprechend dem übertragenen Miteigentumsanteil. Der Kläger hingegen begehrte einen Bewertungsabschlag von 20 %, weil der Wert des Miteigentumsanteils nach seiner Auffassung geringer war als der entsprechende rechnerische Anteil am Gesamtwert des Grundstücks. Dies wies er durch ein Gutachten i. S. d. § 198 BewG nach. Nach diesem entfiel auf den Miteigentumsanteil am Grundstück lediglich ein Wert von EUR 60.000. Nachdem der Einspruch erfolglos blieb, legte er Klage ein.

Das zuständige Finanzgericht Münster sah die Klage als begründet an und gab dem Kläger Recht. Der Kläger habe den ihm nach § 198 BewG offenstehenden Nachweis erfolgreich geführt. Danach müsse der Miteigentumsanteil mit dem nachgewiesenen gemeinen Wert von EUR 60.000 berücksichtigt werden. Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der damit verbundenen Rechtsfrage hat das Finanzgericht die Revision zugelassen. Diese ist unter dem Az. II R 57/22 beim BFH anhängig.

Folgen für die Praxis

Mit dieser Entscheidung stellt das Finanzgericht klar, dass dem Steuerpflichtigen auch bei der Bewertung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück, das nicht mit Wohnungs- oder Teileigentum verbunden ist, der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Wertes für diesen Miteigentumsanteil nach § 198 Satz 1 BewG offensteht. Dabei beschränkt sich dieser Nachweis nicht auf einen niedrigeren gemeinen Wert des Volleigentums (also des Grundstücks), sondern könne darüber hinaus dahingehend geführt werden, dass der Wert des Miteigentumsanteils niedriger ist als der entsprechende rechnerische Bruchteil des Werts des Volleigentums. Möchte der Steuerpflichtige diese Möglichkeit nutzen, muss er ein entsprechendes Gutachten einholen.

Aus Sicht der Praxis ist diese Entscheidung zu begrüßen, weil dadurch auch steuerlich berücksichtigt werden kann, dass der Wert des Miteigentumsanteils an einem Grundstück i. d. R. eben nicht dem rechnerischen Anteil am gesamten Grundstück entspricht. Es bleibt zu hoffen, dass der BFH diese Möglichkeit in der Revisionsentscheidung bestätigt.

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