Vorsicht bei der Verschmelzung einer insolvenzreifen GmbH als Liquidationsalternative

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Eine Verschmelzung kann eine zeitsparende Alternative zur relativ langwierigen Liquidation einer nicht mehr benötigten GmbH darstellen. Letztere verlangt ihren Gesellschaftern ein gewisses Maß an Geduld ab, u. a. auch da sie vor Ablauf eines Sperrjahres nicht abgeschlossen werden kann.

Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 6. November 2018 (AZ II ZR 199/17) macht allerdings deutlich, dass bei der Wahl dieser Alternative auch aus Haftungsgründen Vorsicht geboten ist, wenn durch die Verschmelzung eine überschuldete GmbH abgewickelt werden soll. Ist die aufnehmende Gesellschaft bilanziell nicht hinreichend stark aufgestellt, um die von der übertragenen Gesellschaft übernommenen Schulden kompensieren zu können, und wird sie im Anschluss an die Verschmelzung insolvent, besteht für die Gesellschafter das Risiko einer Haftung aus § 826 BGB wegen eines existenzvernichtenden Eingriffs. Entsprechendes hat der BGH im genannten Urteil erstmalig entschieden.

In der aktuellen Entscheidung wird klargestellt, dass der Begriff des „Vermögensentzuges“ nicht nur das aktive Abziehen von Vermögen meint, sondern unter bestimmten Umständen auch die Erhöhung der Verbindlichkeiten einer Gesellschaft umfasst. Dies jedenfalls dann, wenn die Erhöhung der Verbindlichkeiten zielgerichtet geschieht und betriebsfremden Zwecken dient und dadurch die für Gesellschaftsgläubiger zur Verfügung stehende Haftungsmasse verkürzt wird. Bei der bewussten Mehrung von Schulden, hervorgerufen durch die Verschmelzung mit einem insolvenzreifen Rechtsträger, kann dies nach Auffassung des BGH zu bejahen sein.

Mit Blick auf die Wahl der Verschmelzung als Liquidationsalternative ist beachtenswert, dass der Sittenwidrigkeitsvorwurf im entschiedenen Fall u. a. auch daran geknüpft wird, dass durch die Verschmelzung das für insolvenzreife Rechtsträger vorgesehene Liquidationsverfahren – die Insolvenz – in unzulässiger Weise umgangen wurde.

Jenseits dessen können Verschmelzungen und sonstige Umwandlungsmaßnahmen ein sinnvolles Gestaltungsmittel zur Sanierung von Unternehmen sein. Wie auch das aktuelle BGH-Urteil zeigt, sind dabei in jedem Einzelfall insbesondere die gesellschafts- und insolvenzrechtlichen Voraussetzungen sorgfältig zu prüfen. Neben der Frage, ob nicht schon aus gesellschaftsrechtlicher Sicht die Überschuldung (insbesondere des übertragenden Rechtsträgers) der Verschmelzung entgegensteht, geht es dabei vor allem auch um die Frage, ob der Verschmelzung nicht etwaige Insolvenzantragspflichten entgegenstehen.

Erhöhte Vorsicht ist insbesondere dann geboten, wenn sich sowohl der übertragende wie der aufnehmende Rechtsträger in einer Krise befinden und der Fortbestand von Letzterem durch die Verschmelzung unweigerlich in Frage gestellt wird. Im Zweifel sollte sichergestellt werden, dass die verbleibende Gesellschaft auch nach der Verschmelzung eine positive Fortführungsprognose aufweist, und dies entsprechend dokumentiert werden. Ist jene nicht gesichert und wird die Verschmelzung trotzdem durchgeführt, besteht im Falle einer sich anschließenden Insolvenz das erhöhte Risiko, dass der Insolvenzverwalter die Gesellschafter auf die den ursprünglichen Gesellschaftsgläubigern durch die Verschmelzung entzogenen Vermögenspositionen in Anspruch nimmt.

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