Fristlose Kündigung im Wohnraummietrecht

Verbindung der außerordentlichen fristlosen Kündigung mit hilfsweiser ordentlicher Kündigung zulässig

icon arrow down white

Kann ein Vermieter ein Wohnraummietverhältnis wegen Zahlungsverzug des Mieters fristlos kündigen, so gibt es im deutschen Wohnraummietrecht die Besonderheit, dass der Mieter die Beendigung des Mietverhältnisses durch die sog. Schonfristzahlung abwenden kann. Die fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzug wird unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit der Räumungsklage hinsichtlich der fälligen Zahlungsrückstände befriedigt wird. Noch im laufenden Räumungsprozess kann der Mieter folglich die Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung herbeiführen und der Pflicht zur Räumung und Herausgabe der betroffenen Wohnung entgehen. Deshalb wird neben der fristlosen Kündigung regelmäßig hilfsweise die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses aufgrund des Zahlungsverzugs ausgesprochen. Gewünschte Folge: Sollte die fristlose Kündigung aufgrund der Schonfristzahlung unwirksam sein, so endet das Mietverhältnis – bei Vorliegen der Voraussetzungen der ordentlichen Kündigung – nach Ablauf der geltenden Kündigungsfrist und der Mieter ist zur Herausgabe verpflichtet.

Urteil des Landgerichts Berlin

Das Landgericht (LG) Berlin (Urteil vom 13. Oktober 2017, Az. 66 S 90/17) urteilte, dass die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung keine Wirkung mehr entfalte, wenn die zeitgleich ausgesprochene fristlose Kündigung aufgrund der Schonfristzahlung nachträglich unwirksam geworden ist. Das Mietverhältnis sei durch den Zugang der fristlosen Kündigung in ein Abwicklungsverhältnis verwandelt worden, so dass die ordentliche Kündigung ins Leere gehe. Eine im Zeitpunkt ihres Zugangs wirkungslos gebliebene ordentliche Kündigung könne nicht eine Phase der „Unvollkommenheit“ überstehen, um zu einem späteren Zeitpunkt – nach der Schonfristzahlung – unter geänderten tatsächlichen Verhältnissen doch wirksam zu werden. Nach dieser Rechtsprechung liefe die hilfsweise ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs, auch bei Wegfall der Wirkungen der zeitgleich ausgesprochenen fristlosen Kündigung aufgrund der Schonfristzahlung, stets ins Leere.

Die Urteile des Bundesgerichtshofs Der Bundesgerichtshof hat sich der Auffassung des LG Berlin nicht angeschlossen und entschieden, dass die wirksame fristlose Kündigung infolge der Schonfristzahlung rückwirkend als unwirksam gilt (Urteile vom 19. September 2018, Az. VIII ZR 231/17 und VIII ZR 261/17). Die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung komme in dieser Situation zur Geltung, denn der Vermieter bringe damit aus objektiver Sicht des Mieters zum Ausdruck, dass die ordentliche Kündigung zum Zuge kommen soll, wenn die zunächst wirksam erklärte fristlose Kündigung wegen der Schonfristzahlung nachträglich unwirksam wird.

Fazit

Bei Zahlungsverzug des Mieters sollte auch zukünftig regelmäßig die fristlose und hilfsweise die ordentliche Kündigung erklärt werden. Im Falle der Schonfristzahlung durch den Mieter folgt ein Herausgabeanspruch gegen den Mieter häufig aus der hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung. Es ist zu beachten, dass die auf Zahlungsverzug gestützte ordentliche Kündigung verschuldensabhängig ist. Der zur fristlosen Kündigung berechtigende Zahlungsverzug ist nicht immer auch ein hinreichender Kündigungsgrund für eine ordentliche Kündigung. Kann der Mieter z. B. eine unverschuldete wirtschaftliche Zwangslage nachweisen, so fehlt es an dem notwendigen Verschulden. Regelmäßig wird aber ein hinreichender Kündigungsgrund für die ordentliche Kündigung gegeben sein, wenn der Zahlungsverzug bereits die fristlose Kündigung rechtfertigt.

Über das Symbol diesen Artikel weiterempfehlen

Dazu passende Artikel

  • Informationen zum Umgang mit dem Grundsteuerbescheid

  • Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen nach § 35a EStG auch ohne Beauftragung für Mieter und Eigentümer

  • Bauabzugsteuer – ein umfassender Leitfaden

  • Neuerungen in Hinblick auf die ertragsteuerliche Behandlung von Photovoltaikanlagen