Mit seinem jüngst veröffentlichten Urteil vom 27. November 2019 (Az. I R 40/19) hat der Bundesfinanzhof (BFH) erneut zu Verrechnungspreiskorrekturen bei grenzüberschreitenden Darlehen innerhalb einer Unternehmensgruppe Stellung genommen. In dem Urteilsfall hatten sowohl eine inländische A-GmbH als auch ihre Organgesellschaft, die B-GmbH, der Tochtergesellschaft der Organträgerin in Tschechien, der C-s.r.o., Darlehen mit einer Laufzeit von zehn Jahren und einer Verzinsung von 6,3 % gewährt. Diese Darlehen wurden am 18. September 2003 rückwirkend ab dem 1. Januar 2003 für zehn Jahre von der Verzinsung freigestellt. Diese Zinsfreiheit nahm das Finanzamt zum Anlass, bei beiden inländischen Gesellschaften die nicht vereinnahmten Zinsen dem Gewinn gem. § 1 Abs. 1 AStG außerbilanziell hinzuzurechnen.
Daraus ergeben sich aber verschiedene Rechtsfragen u. a. im Zusammenhang mit der Anwendung des EU-Rechts auf die deutsche Regelung. Nach nationalem Recht sind hier die Voraussetzungen von § 1 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 AStG erfüllt, die Hinzurechnung wäre demnach gerechtfertigt. Das EU-Recht gibt den Unternehmen aber das Recht, Nachweise für etwaige wirtschaftliche Gründe für die Zinsfreistellung zu erbringen. Dies gilt seit dem 1. Mai 2004 auch für eine Gesellschaft in Tschechien mit dessen Beitritt zur EU. Falls diese Nachweise erbracht werden, muss das angerufene deutsche Gericht abwägen, welcher Regelung der Vorrang einzuräumen ist, nationalem Recht oder EU-Recht. Im Streitfall hatte das Finanzgericht (FG) es versäumt, Feststellungen zu möglichen wirtschaftlichen Gründen für die Zinsverzichte zu treffen. Der BFH hat das Verfahren daher an das FG zurückverwiesen und gibt ihm nun Gelegenheit, dies nachzuholen. Weiter muss das FG prüfen, ob die zum 18. September 2003 bestehende Zinsforderung werthaltig war oder nicht. Bei Werthaltigkeit könnte der Beteiligungsbuchwert bei der Muttergesellschaft erhöht werden, anderenfalls müsste diese Forderung außerbilanziell den Gewinn der Muttergesellschaft erhöhen. Auch die Forderung der deutschen Schwestergesellschaft müsste gem. § 1 Abs. 1 AStG dem Gewinn hinzugerechnet werden.
In dem Urteil wird die Besteuerung von Geschäftsbeziehungen „über die Grenze“ sowohl mit Gesellschaften im EU-Gebiet als auch außerhalb desselben sehr ausführlich erörtert, so dass in zukünftigen Streitfällen vermutlich häufiger auf dieses Urteil verwiesen werden wird. Leider werden damit in vielen Fällen Gewinnerhöhungen verbunden sein.