Abmahnrisiko: Neue Anforderungen an die Widerrufsbelehrung im Onlinehandel

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Eine aktuelle Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 14. Mai 2020, Az. C-266/19) zu den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung kann für jeden Onlinehändler im B2C-Bereich gewichtige Konsequenzen haben:

Grundsätzlich besteht für Unternehmer keine Pflicht, in ihrer Widerrufsbelehrung eine Telefonnummer anzugeben. Bietet der Unternehmer dem Verbraucher allerdings über seine Internetseite eine Telefonnummer als Kommunikationsmittel an, muss diese nach der neuen Rechtsprechung des EuGH auch in die Widerrufsbelehrung mit aufgenommen werden. Dies ist immer dann der Fall, wenn die Nummer im Impressum oder an einer anderen Stelle des Internetauftritts als Kontaktmöglichkeit angegeben wird, ohne dass es darauf ankommt, wofür der Telefonanschluss im Einzelnen genutzt wird. Denn in diesen Fällen könne aus Sicht der europäischen Richter ein Verbraucher davon ausgehen, dass der Unternehmer die angegebene Telefonnummer für seinen Kundenkontakt nutzt. In der Konsequenz müsse es für den Verbraucher sodann auch möglich sein, seinen Widerruf auf diesem Wege zu erklären.

Diese neue Pflicht steht auch nicht im Konflikt mit der Impressumspflicht des § 5 Abs. 1 TMG. Wie der EuGH bereits im Jahr 2009 (Urteil vom 16. Oktober 2008, Az. C-298/07) entschieden hat, ist die Angabe einer Telefonnummer im Impressum nicht zwingend erforderlich. Zwar muss dem Verbraucher neben einer E-Mail-Adresse ein weiterer Kommunikationsweg eröffnet werden, allerdings kann dies neben einer Telefonnummer auch eine Faxnummer, eine elektronische Anfragemaske oder ein Rückrufsystem sein.

Sie sollten daher prüfen, ob Sie Ihre Widerrufsbelehrung um eine Telefonnummer ergänzen müssen oder diese Kontaktmöglichkeit für den Verbraucher gänzlich streichen wollen. Andernfalls drohen Abmahnungen durch Wettbewerber oder Verbraucherschutzverbände. Hinzu kommt, dass sich das Widerrufsrecht des Verbrauchers bei einer fehlerhaften Belehrung auf ein Jahr und 14 Tage verlängern kann.

Eine rechtzeitige Auseinandersetzung mit der Thematik ist ohnehin notwendig, weil der europäische Gesetzgeber eine Reform der Verbrauchervorschriften anstrebt. Nach dem „New Deal for Consumers“ wird die Angabe einer Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung ab Mai 2022 verpflichtend.

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